Ein zunächst harmlos daher kommender Versuch der Änderung des „Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes“ hat zu einer heftigen Kontroverse über die Berliner Abfallpolitik geführt.
Ausgangspunkt des aktuellen Streits ist eine in der Tat fragwürdige Handhabung der jetzigen Abfallberatung zum Dualen System. Dass eine Tochter des Systembetreibers, die ALBA-DASS GmbH, für die Abfallberatung Nebenentgelte erhielt, dürfte der bundesrechtlichen Vorgabe der Verpackungsverordnung widersprechen, die diese Beratung als Aufgabe eines öffentlichen Entsorgungsträgers sieht. Konkret geht es um circa 3 Millionen Euro jährlich, die für die Abfallberatung zur Verfügung stehen. Wer aber soll die Aufgabe erfüllen? Die Berliner Stadtreinigung (BSR) sei die geeignete Institution, findet Daniel Buchholz, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und mitverantwortlich für die Gesetzesänderungswünsche der Regierungskoalition.
Für diese Zielvorstellung erhielt die Berliner Regierungskoalition in einer Anhörung des Umweltausschusses vom Deutschen Städtetag, aber auch vom Bund für Naturschutz (BUND) Unterstützung. Dem widersprach hingegen Dieter Blümmel, Pressesprecher des Vermieterverbandes Haus & Grund: Die Mittel aus den Nebenentgelten seien dazu da, dass mehr Abfall in der gelben Tonne landet und dem Wertstoffkreislauf zugeführt wird. Das aber sei nicht im Interesse der BSR. Vielmehr leide die BSR wirtschaftlich unter einer umfassenden Mülltrennung, weshalb sie als Abfallberater nicht geeignet sei. Ihr einen Alleinauftrag zu verschaffen, indem man sie zum öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger erklärt, hält auch der Berliner Mieterverein für falsch.
Aus Sicht der Berliner Landesregierung erscheint es hingegen plausibel, die Wettbewerbsposition der BSR, die zu 100 Prozent im landeseigenen Besitz ist, zu verbessern. Denn in der Vergangenheit wurden der BSR immer mehr Müllmengen entzogen.
Bei der von SPD und Linkspartei angestrebten Änderung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes geht es nicht nur um die Abfallberatung. Diese könnte auch ohne Gesetzesänderung anders vergeben werden als bisher. Es geht der Regierungskoalition auch darum, mehr Aufgaben an die BSR als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger zu delegieren. Dass die BSR dadurch die Berliner Abfallpolitik bestimme, weist Senatorin Lompscher (Linkspartei) zurück. Die abfallpolitische Steuerung durch Abfallwirtschaftsplan und Abfallwirtschaftskonzept verbleibe beim Land, bei der Frage jedoch, wer die Abstimmung im Rahmen des Dualen Systems führe, scheiden sich die Geister.
Reiner Wild
MieterMagazin 1+2/09
Streitpunkt: Wer wird künftig in Berlin für die Abfallberatung zuständig sein?
Foto: Michael Jespersen
09.06.2013