Bei der Umwandlung der Lentzesiedlung in Schmargendorf versucht die neue Eigentümerin, die „IWG Wohnen GmbH“ aus Stuttgart, den Kündigungsschutz der Mieter zu umgehen. Die Reihenhaussiedlung soll per „Realteilung“ in lauter kleine Grundstücke aufgeteilt werden. Die in Charlottenburg-Wilmersdorf geltende siebenjährige Schutzfrist vor Eigenbedarfskündigung gilt dann nicht.
Würde die Eigentümerin die Wohnungen der Lentzesiedlung auf üblichem Wege nach dem Wohneigentumsgesetz (WEG) umwandeln, dann griffe eine besondere Kündigungssperrfrist: Ein Käufer dürfte dem Mieter erst drei Jahre – in Charlottenburg-Wilmersdorf sieben Jahre -, nachdem er in das Grundbuch eingetragen worden ist, wegen Eigenbedarfs kündigen. Die IWG versucht nun, diese Sperrfrist zu unterlaufen: Bei einer Realteilung, also einer Stückelung der Siedlung in viele Einzelgrundstücke, greift der Schutz vor Eigenbedarfskündigung nicht. Wenn durch die Realteilung aus der Siedlung quasi lauter Einfamilienhäuser geworden sind, kann bei Mieterhöhungen auch nicht mehr der Mietspiegel angewandt werden, da er nur für Mehrfamilienhäuser gilt.
Schon 1998 wurde bei den „Roten Häusern“ in Lichtenrade der Kündigungsschutz durch Realteilung ausgehebelt. Mittlerweile gibt es zwar ein Urteil des Amtsgerichts Aachen, wonach auch dabei die Kündigungsschutzregeln analog anzuwenden seien, aber die Berliner Gerichte sind daran nicht gebunden. Die Furcht der Mieter vor Eigenbedarfskündigungen ist nicht unbegründet. In einer attraktiv gelegenen Wohnanlage wie der Lentzesiedlung ist damit zu rechnen, dass nicht nur Kapitalanleger die Wohnungen kaufen, sondern auch vermehrt Selbstnutzer, die hier einziehen möchten und damit nicht gern sieben Jahre warten wollen.
Die Umwandler machen sich die Änderung des Baugesetzbuches von 1998 zunutze. Seitdem ist eine Teilung von Grundstücken nicht mehr genehmigungspflichtig. Die bezirklichen Baubehörden haben also keine direkten Eingriffsmöglichkeiten mehr, obwohl der Grundstücksteilung in der Lentzesiedlung allerhand bauordnungsrechtliche Probleme entgegenstehen. So haben die Häuser keine Brandschutzwände zu den Nachbarn und sind haustechnisch nicht eigenständig: Abwasserleitung und Stromversorgung sind für mehrere Häuser gemeinsam angelegt. Nach der Bauordnung wären hier aufwändige Umbauten nötig.
Die Siedlung an der Lentzeallee, Misdroyer und Zoppoter Straße umfasst 75 Wohnungen, davon 52 in Reihenhäusern.
Jens Sethmann
MieterMagazin 3/06
Griff in die Trickkiste: Per „Realteilung“ soll die Sperrfrist für Eigenbedarfskündigungen
in der Lentzesiedlung unterlaufen werden
Foto: Rolf Schulten
18.04.2013