Frau Dr. Alexa Stakat* lebt seit Monaten mit einem Toilettenbecken, das in der Küche eingebaut wurde. Aber das ist nur eine Kampfmaßnahme im Repertoire des Vermieters, der seit Jahren versucht, die Mieter zur Aufgabe ihrer Wohnungen zu bewegen.
Dr. Rudolf Siegel* ist Zahnarzt in Köln und besitzt in Berlin einige Häuser. Eines hat sich für ihn als besonders lukrativ erwiesen. Im Szeneviertel um Kollwitzplatz und Wasserturm residiert im Hinterhaus seit Juni 2000 ein Hotel – mit 41 Zimmern in der gehobenen Preisklasse eine äußerst renditeträchtige Geldanlage. Verständlich, dass Dr. Siegel bestrebt ist, das Hotel zu erweitern. Ein Ausbau des ersten Obergeschosses im Vorderhaus zu Hotelzimmern wurde bereits genehmigt. Auch in der zweiten und dritten Etage wird gebaut – ohne Rücksicht auf die dort und in der vierten Etage noch wohnenden Mieter. Inzwischen wurde die Umnutzung in Hotelzimmer genehmigt. Wochenlang war der Zugang zu den Wohnungen mit Gefahren verbunden, erst auf massive Beschwerden der verbliebenen drei Mietparteien – darunter eine Familie mit zwei Kleinkindern – wurden Bauschutt und Sperrmüll im Treppenhaus beseitigt. Die Klingelanlage ist seit Jahren defekt.
Im August 2006 erklärte sich Dr. Siegel vor Gericht bereit, einen Sanierungsplan für die Wohnung von Frau Dr. Stakat aufzustellen – sie wartet noch immer darauf. Seit Juni 2006 steht ihr Toilettenbecken in der Küche, weil der Boden der Toilette aufgrund baulicher Schäden einsturzgefährdet ist. Ein bruchgefährdeter Balken in der Küchendecke wurde provisorisch abgestützt. Obwohl ein Sachverständiger in seinem Bauschadensgutachten festgestellt hat, dass die Decke unter der Toilette nicht vor Abschluss der Sanierung geschlossen werden darf, wurden die Hotelzimmer darunter fertiggestellt. Inzwischen wohnen dort bereits Hotelgäste.
Würde Frau Dr. Stakat eine Umsetzwohnung akzeptieren, würde der Vermieter wohl auch ihre Wohnung zu Apartments beziehungsweise Hotelzimmern umfunktionieren – mit oder ohne Genehmigung, befürchtet sie. „Mir geht es nicht darum, Mieter zu vertreiben“, hält Dr. Siegel dagegen und verweist darauf, dass es mit keinem seiner circa 100 Berliner Mieter ein solches „Bohai“ gebe. Seine Verwaltungskosten allein für diese Wohnung überstiegen mittlerweile die Mieteinnahmen um das Fünf- bis Zehnfache. Frau Dr. Stakat hat seiner Meinung nach den richtigen Zeitpunkt für eine Einigung verpasst. So wird der Fall vorerst weiter die Gerichte beschäftigen.
Rainer Bratfisch
* Namen von der Redaktion geändert
MieterMagazin 3/07
Seit gut einem halben Jahr steht die Toilette in der Küche: Mieterin Stakat wehrt sich gegen die Umsetzung
Foto: Christian Muhrbeck
18.07.2013