Die Abstimmung zum Berliner Wasser war der erste erfolgreiche Volksentscheid in der Hauptstadt – und er war eine deutliche Misstrauensbekundung gegenüber dem Senat.
Trotz eines eher kargen Werbebudgets von 12000 Euro aus Spendengeldern ist es den Aktivisten des „Wassertischs“ gelungen, 666000 Berliner zum Gang an die Urnen zu mobilisieren. Das entsprach einem Anteil von 27, 5 Prozent der Wahlberechtigten, womit die erforderliche Mindestanzahl um 2,5 Prozent überschritten wurde. Am erstaunlichsten war jedoch die klare Zustimmung von 98,2 Prozent für das Anliegen der Wasser-Aktivisten. Diese hatten mit dem Volksentscheid nicht nur die vollständige Veröffentlichung aller Vertragsdetails zum Verkauf der Berliner Wasserbetriebe erreichen wollen – ein Anliegen, dem der Senat bereits nach dem erfolgreichen Volksbegehren im November 2010 teilweise nachgekommen ist –, sie wollten auch durchsetzen, dass Privatisierungsverträge der öffentlichen Hand prinzipiell als ungültig erklärt werden, wenn sie nicht innerhalb eines gewissen Zeitrahmens der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Dieses Ansinnen hält der Senat für verfassungswidrig, gleichwohl will er nach erfolgreichem Volksentscheid das Berliner Verfassungsgericht nicht anrufen.
Der Berliner Mieterverein (BMV) kommentierte das Ergebnis des Volksentscheids als Ausdruck erheblichen Misstrauens der Bevölkerung gegenüber der Senatspolitik, dessen Berechtigung sich erneut dadurch dokumentiere, dass der Regierende Bürgermeister Wowereit und Wirtschaftssenator Wolf ihre Niederlage in einen „Sieg der Demokratie“ umdeuten. Notwendig sei jetzt, die Tarifkalkulation für das Berliner Wasser vollständig auf den Tisch zu legen. Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins: „Bislang wurde hier nichts unternommen, weil der Berliner Senat und die privaten Anteilseigner gemeinsam von den hohen Wassertarifen für die Verbraucher profitieren“.
uh
MieterMagazin 3/11
Die ans Tor des Roten Rathauses genagelte Frageliste des „Wassertischs“ ist lang – sorgt der Volksentscheid jetzt für Antworten?
Foto: Berliner Wassertisch
26.03.2013