Im Kampf gegen das Mietnomadentum will die schwarz-gelbe Regierungskoalition das Mietrecht verschärfen. Ausgerechnet eine vom Bundesbauministerium in Auftrag gegebene Studie gibt nun aber Entwarnung.
1549 vermeintlich betroffene Vermieter hatten sich auf einen Aufruf hin bei der Forschungsstelle für Immobilienrecht der Universität Bielefeld gemeldet. Von diesen erwiesen sich aber nur 426 als Opfer von Mietnomaden im Sinn der zu Grunde gelegten Definition – nämlich Personen, die in betrügerischer Absicht Mietverhältnisse eingehen, keine Miete zahlen und die Wohnung verwahrlost zurücklassen oder sich hinausklagen lassen. Über einen längeren Zeitraum betrachtet, macht dies bundesweit rund 50 Fälle pro Jahr. Auch wenn es nicht Aufgabe der Untersuchung war, die Anzahl der Fälle herauszufinden, so ist die Diskrepanz zwischen gefühltem Problem und tatsächlichen Fällen doch bezeichnend.
Hauptdatenquelle der Untersuchung ist die Befragung von Vermietern, außerdem wurden Interviews mit Gerichtsvollziehern und Anwälten geführt sowie Gerichtsakten ausgewertet.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass vor allem private Vermieter Opfer von Mietnomaden werden. Nur ein Drittel von ihnen prüft die Solvenz des künftigen Mieters. Professionelle Vermieter holen dagegen fast immer solche Informationen ein und seien daher weitgehend geschützt. Auch an den immer wieder beklagten langen Räumungsverfahren seien die Vermieter teilweise selber schuld, so die Forscher. Durchschnittlich 5,36 Monate dauert es, bis ein Räumungsurteil auf dem Tisch liegt, weitere 2,62 Monate bis zur Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher. Verzögerungen der Räumungsvollstreckung seien regelmäßig auf die fehlende Vorschussleistung des Gläubigers, nicht aber auf die Arbeitsüberlastung der Gerichtsvollzieher zurückzuführen.
Die Bundesregierung zeigt sich ebenso wie der Eigentümerverband „Haus und Grund“ unbeeindruckt von diesen Ergebnissen. Auch wenn es nur um eine kleine Personengruppe geht, sollen bei der geplanten Mietrechtsnovelle wirksame Maßnahmen gegen Mietnomaden beschlossen werden. Ein entsprechender Kündigungsgrund soll neu definiert werden.
Der Deutsche Mieterbund fordert dagegen, dass die Änderungsabsichten verworfen werden. „Die Zahlen belegen: Es existiert kein nennenswertes Mietnomadenproblem in Deutschland“, so DMB-Präsident Franz-Georg Rips.
Birgit Leiß
MieterMagazin 3/11
Die Bundesregierung könnte es besser wissen – malt aber lieber den Teufel an die Wand
Illustration: Julia Gandras
21.03.2017