Das Land Berlin will die vom Bund beschlossenen Kürzungen der Städtebauförderung mit eigenen Mitteln auffangen. Zumindest das Quartiersmanagement-Programm „Soziale Stadt“, das um 70 Prozent gekürzt wurde, will der Senat auf gleichem Niveau wie 2010 weiterführen. Für die übrigen Programme sieht es weniger rosig aus.
Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) fand markige Worte: „Wir werden uns die erfolgreiche Arbeit in den Kiezen nicht kaputt machen lassen.“ Der Senat hat deshalb Anfang Februar beschlossen, die fehlenden Bundesmittel aus dem Programm Soziale Stadt vollständig zu kompensieren. Der Senat will dazu Landesmittel aus dem Bund-Länder-Investitionspakt einsetzen.
Im November hatte der Bundestag mit der Regierungsmehrheit den Haushalt 2011 beschlossen, in dem die Städtebauförderung drastisch zusammengestrichen wurde. Statt 610 Millionen Euro stehen nur noch 455 Millionen Euro zur Verfügung. Zur Städtebauförderung gehören die Programme Sanierung und Entwicklung, Stadtumbau Ost und West, Städtebaulicher Denkmalschutz, Soziale Stadt, Aktive Zentren sowie das von Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) erst kürzlich aus der Taufe gehobene Programm für kleine Städte und Gemeinden. Die Fördermittel des Bundes werden in der Regel von den Ländern und den Kommunen ergänzt.
Besonders stark gerupft wurde das Programm Soziale Stadt, das von 95 Millionen auf 28,5 Millionen Euro gekürzt wurde. Außerdem darf das Geld nur noch für investive Maßnahmen, sprich: Bauprojekte, ausgegeben werden. Die Bildungsangebote, Integrationsmaßnahmen, Sprachkurse und Gewaltpräventionsprojekte, die in bundesweit 571 Quartiersmanagements seit 1999 durchgeführt werden, stehen damit vor dem Aus. Dabei ist gerade die Verknüpfung von Baumaßnahmen und Integrationsprojekten das Rezept der Sozialen Stadt, mit dem in vielen benachteiligten Stadtquartieren an einer stabilen Sozialstruktur gearbeitet wird.
Berlin hat zurzeit in 34 Stadtteilen Quartiersmanager eingesetzt. Die 70-prozentige Kürzung bedeutet, dass Berlin vom Bund nur noch 1,4 Millionen Euro für die Förderung der Sozialen Stadt erhält. „Wenn die Bundesregierung einerseits Berlin vorwirft, zu wenig für die Integration und die Bildung zu tun, gleichzeitig die Mittel dafür wegkürzt und sich dann beklagt, dass wir nicht schnell genug Fortschritte in den Problemkiezen machen, ist das unredlich und nicht hinnehmbar“, empört sich Junge-Reyer. „Mittel für Bildung und soziale Integration sind die beste Investition, die ich mir vorstellen kann.“
Keine neuen Sanierungsgebiete
Wie es mit den anderen Städtebauförderungsprogrammen in Berlin weitergeht, bleibt ungewiss. Vermutlich wird es keine neuen Sanierungsgebiete geben. Die Gebiete Turmstraße in Moabit, Müllerstraße in Wedding und Karl-Marx-Straße/Sonnenallee in Neukölln sollen weiterhin nur mit dem Programm Aktive Zentren gefördert werden. Die Spandauer Wilhelmstadt soll zusätzlich in diese Förderung aufgenommen werden. Für die Nördliche Luisenstadt in Mitte und das Gebiet Mehringplatz/Blücherstraße in Kreuzberg soll das Programm Städtebaulicher Denkmalschutz angewandt werden. Das Lichtenberger Untersuchungsgebiet Frankfurter Allee-Nord wird schließlich auf den ehemaligen Stasi-Standort beschränkt und im Rahmen des Programms Stadtumbau Ost umgestaltet.
Jens Sethmann
MieterMagazin 3/11
Für die klassische Quartiersmanagement-Arbeit gibt der Bund kein Geld mehr aus (hier: Hausaufgabenbetreuung in Neukölln)
Foto: Sabine Münch
Weitere Informationen
im Internet unter
www.buendnis-soziale-stadt.de/
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Interessenverbände gründen Bündnis
Am Rande der Preisverleihung „Soziale Stadt 2010“ haben der Deutsche Städtetag, der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, die Arbeiterwohlfahrt, der vhw Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung und die Schader-Stiftung zusammen mit dem Deutschen Mieterbund (DMB) das „Bündnis für eine Soziale Stadt“ gegründet. Gemeinsam will man darauf drängen, dass die Bundesregierung die für 2011 beschlossenen Kürzungen des Programms Soziale Stadt im Haushalt 2012 wieder zurücknimmt und die Verknüpfung von baulichen und sozialen Maßnahmen wieder zulässt. „Dass die Finanzmittel ausgerechnet bei einem Erfolgsprogramm wie der Sozialen Stadt um 70 Prozent gekürzt werden, ist sozialpolitisch und wohnungswirtschaftlich falsch und muss schnellstmöglich korrigiert werden“, fordert DMB-Bundesdirektor Lukas Siebenkotten.
js
03.04.2013