Langjährige Mieter, die immer pünktlich ihre Miete zahlen und sich darüber hinaus für Haus und Wohnumfeld engagieren – das müsste eigentlich der Traum jedes Vermieters sein. Doch die Praxis sieht mitunter anders aus, wie ein Beispiel aus Spandau zeigt.
In der denkmalgeschützten Siedlung an der Falkenseer Chaussee/Hohenzollernring wohnen viele Mieter schon seit Jahrzehnten. Wenn die Kinder ausziehen und selber eine Familie gründen, nehmen sie sich nicht selten ebenfalls eine Wohnung im „Postkomplex“. Früher konnten hier ausschließlich Postbedienstete einziehen, daher der Name. Bereits seit den 80er Jahren existiert eine aktive Mietergemeinschaft, die immer dann zusammenkommt, wenn es Missstände gibt. Und das ist in letzter Zeit oft der Fall.
„Wir haben Angst, dass unsere Siedlung allmählich verkommt“, sagt der Vorsitzende der Mietergemeinschaft, Rolf Hintze. Seitdem die rund 250 Wohnungen im Jahre 2008 an „Krossa & Co“ verkauft wurden, werde praktisch nichts für die Instandhaltung getan. Der letzte Außenanstrich der Fenster, so Hintze, liege mindestens 25 Jahre zurück, ebenso lange seien die Treppenhäuser nicht renoviert worden. Die Fliesen im Eingangsbereich der Häuser sind lose, das Linoleum hat sich im Laufe der Zeit verformt, die Grünanlagen wirken ungepflegt und vieles mehr.
Kürzlich musste ein Mieter sechs Wochen warten, bis ein Rohrbruch in Ordnung gebracht wurde. Das sei zwar eher die Ausnahme: „Reparaturen in den Wohnungen werden in der Regel erledigt, aber alles darüber Hinausgehende unterbleibt“, ärgert sich Hintze, der seit seiner Geburt vor 67 Jahren im Postkomplex wohnt. Auch mit dem früheren Eigentümer hat es viel Ärger gegeben, aber damals war wenigstens die Miete günstig.
Beim Verschicken von Mieterhöhungen ist „Krossa & Co“ dagegen ausgesprochen fleißig. Schon vor einigen Jahren rühmten sich die beiden Geschäftsführer in einem Interview mit dem „Grundeigentum“, Mieterhöhungspotenziale voll auszuschöpfen. „Nur Miete kassieren geht nicht“, finden Hintze und die anderen 43 Mitglieder der Mietergemeinschaft.
Auf ihre Briefe und E-Mails erhalten sie nicht einmal eine Antwort, ein Gespräch mit der Mietergemeinschaft lehnt der Eigentümer ab.
Trotzdem lohne es sich, gemeinsam zu kämpfen, betont Hintze. Mit dem Berliner Mieterverein im Rücken haben die Mitglieder im Laufe der Jahre einiges an Geld gespart, beispielsweise weil sie sich nicht zur Umstellung auf eine Nettomiete überreden ließen.
Auch mit dem MieterMagazin wollte „Krossa & Co“ nicht reden, eine schriftliche Bitte um eine Stellungnahme blieb unbeantwortet.
Birgit Leiß
MieterMagazin 3/12
Postkomplex-Mieter Rolf Hintze: „Seit der Privatisierung wird an den Gebäuden nichts mehr repariert“
Foto: Christian Muhrbeck
19.03.2013