Die Vermittlung von Ferienwohnungen ist weltweit ein schnell wachsendes Geschäft und hat auf die Städte einen größeren Einfluss als die Hotelbranche. Kommerzielle Ferienwohnungsanbieter entziehen den Stadtbewohnern den Wohnraum. Internet-Portale wie Airbnb bekommen weltweit Gegenwind zu spüren.
Die Ferienwohnungsvermittlung – in der Tourismusbranche „Sharing Accomodation“ genannt – hat am europäischen Übernachtungsgewerbe nur einen Anteil von drei Prozent: Europäer haben im Jahr 2015 für 14 Millionen Auslandsreisen Sharing-Unterkünfte gebucht. Diese konzentrieren sich aber stark auf die Städte und verursachen dort die bekannten Probleme.
Airbnb, die größte und bekannteste Anbieterplattform, ist in erster Linie ein kommerzielles Unternehmen, so Jeroen Oskam, Forschungsdirektor an der Hotelschule The Hague (Den Haag). Beim „World Travel Monitor Forum“, einer von der Internationalen Tourismusbörse Berlin (ITB) mitveranstalteten Konferenz, die im November in Pisa stattfand, berichtete Oskam von seiner Analyse der Airbnb-Buchungen in Amsterdam, London, Berlin und Madrid. In Amsterdam übernachten zehn Prozent aller ausländischen Touristen in einer über Airbnb gebuchten Unterkunft, in London fast acht Prozent. In den vier untersuchten Städten sind nur 18 Prozent der Angebote private Wohnungen oder Zimmer. Mehr als 80 Prozent der Unterkünfte stehen für mehr als 31 Tage im Jahr zur Vermietung an Gäste zur Verfügung. In London werden etwa die Hälfte aller Airbnb-Apartments von Gastgebern angeboten, die mehrere Immobilien besitzen.
Das „Sharing“, also das Teilen der Wohnung mit Gästen, ist also nur ein menschenfreundliches Mäntelchen, das Airbnb sich gern umhängt. „Einen wesentlichen Teil der kommerziellen Aktivitäten verbindet Airbnb nur mit einer Minderheit von authentischen ‚Mitbenutzern‘“, erklärt Jeroen Oskam. „Das bedeutet, dass die Bewohner von den Touristen vertrieben werden.“ Oskam nennt das „unsharing“: „Es wird nicht geteilt, Vermögenswerte werden für Touristen reserviert.“
Immer mehr Städte reagieren auf die Ferienwohnungswelle. Barcelona verhängte im November gegen Airbnb ein Bußgeld von 600.000 Euro. Seit Dezember dürfen in London private Gastgeber höchstens 90 Nächte im Jahr an Touristen vermieten. Paris zog eine Grenze bei 120 Nächten, Amsterdam bei 60 Nächten. In München hat das Amtsgericht im Januar einen Zahnarzt, der eine Wohnung in der Maximilianstraße an Touristen vermietete, zu einer Geldbuße von 4000 Euro verurteilt. Aus Sicht des Mietervereins München zu wenig: „Die Gerichte müssen auf jeden Fall härter durchgreifen, damit sich die Zweckentfremdung finanziell nicht mehr lohnt“, erklärt Geschäftsführer Volker Rastätter.
Das 2014 in Berlin eingeführte Zweckentfremdungsverbot beginnt nach dem Auslaufen der Übergangsfrist für Ferienwohnungen Ende April 2016 langsam zu greifen. Bis Ende September 2016 sind 1518 Ferienapartments wieder einer regulären Wohnnutzung zugeführt worden.
Verbot soll verschärft werden
Mit Abstand am erfolgreichsten ist der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, dessen Mitarbeiter bei 526 Wohnungen die Feriennutzung beendeten – gefolgt von Tempelhof-Schöneberg (279), Pankow (212) und Mitte (183). Angesichts von geschätzten 12.000 bis 24.000 Ferienwohnungen in der Stadt ist das aber noch kein Durchbruch. Zudem haben Vermieter von Ferienwohnungen in 1059 Fällen Widerspruch eingelegt und 205-mal Klage eingereicht. Genehmigt wurden nur 58 Ferienwohnungen. Der rot-rot-grüne Senat hat angekündigt, das Zweckentfremdungsverbot zu verschärfen.
Jens Sethmann
Konkurrenz unter Druck
Das im Jahr 2011 gegründete Unternehmen Airbnb aus San Francisco ist mit weltweit rund drei Millionen Ferienunterkünften die größte Vermittlungsplattform. Um die beiden deutschen Konkurrenten Wimdu und 9flats, beide ebenfalls seit 2011 auf dem Markt, gibt es Turbulenzen. 9flats hat im Oktober 2016 Wimdu aufgekauft, um in Europa die Nummer eins zu werden. Durch die Fusion wäre das zweitgrößte Vermittlungsportal mit insgesamt rund 450.000 Angeboten entstanden. Aber nur acht Wochen später hat 9flats Wimdu an den dänischen Ferienhausvermittler Novasol verkauft. Nach der Einführung des Zweckentfremdungsverbots ist bei Wimdu in Berlin jedes fünfte Angebot weggefallen. 9flats hat derweil seinen Geschäftssitz von Berlin nach Singapur verlegt.
js
Hinweisformular zur Meldung zweckfremd genutzter Wohnungen:
www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/zweckentfremdung_wohnraum/
sowie
www.berliner-mieterverein.de/downloads/meldebogen-zweckentfremdung.pdf
01.03.2017