Jeder Mieter ist gut beraten, die Belastbarkeit des Fußbodens in seiner Wohnung im Auge zu haben. Ein 450-Liter-Aquarium, ein überdimensioniertes Wasserbett, ein Tresor, ein Klavier und ähnliches Schwergewichtiges kann gefährlich werden. Im Zweifelsfall sollte ein Sachverständiger hinzugezogen werden.
Zu den Faktoren, die die statische Belastbarkeit einer Wohnung beeinflussen, gehören das Alter eines Gebäudes, die Bauweise, der bauliche Zustand und die Art der Belastung. Generell gilt: Mietshäuser wurden früher wesentlich stabiler gebaut als heute. Schließlich wohnten wesentlich mehr Personen als heute in einer Wohnung, in jedem Zimmer stand ein großer und schwerer Kachelofen, und auch die Möbel waren zumeist schwergewichtiger.
Die Berliner Bauordnung legt in Paragraf 12 fest: „Jede bauliche Anlage muss im Ganzen und in ihren einzelnen Teilen für sich allein standsicher sein.“ Und so gehört zu jedem Bauantrag ein Standsicherheitsnachweis, gefertigt durch einen hierfür qualifizierten Bauingenieur oder Statiker.
Für die Berechnung der allgemeinen Einwirkungen auf Tragwerke im Hochbau gibt es eine Norm (DIN EN 1991-1-1:2010-12). Als Nutz- oder Verkehrslasten werden darin die normale Nutzung durch Personen, Möbel und bewegliche Einrichtungsgegenstände sowie seltene Ereignisse, zum Beispiel Personenansammlungen, definiert. Die Nutzlast kann laut dieser Norm 150 bis 200 Kilogramm je Quadratmeter betragen – gleichmäßig über die Fläche verteilt.
Wer bereits vor dem Einzug in eine neue Wohnung weiß, dass zur normalen Nutzlast noch besonders große Einzellasten kommen, etwa ein großes Aquarium oder besonders viele Bücher, kann einen Fachmann konsultieren. Eine Liste der in Berlin anerkannten Prüfingenieure für Standsicherheit bietet die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen (siehe Randspalte). Da das mit zum Teil hohen Kosten verbunden ist, sollte zuvor die tatsächliche Belastung geschätzt werden. Ein Aquarium mit einem Fassungsvermögen von 200 Litern wiegt natürlich nicht nur 200 Kilogramm, denn dazu kommen noch das Gewicht des Glases, der Beleuchtung, des Unterschranks und der Füllung (Steine, Sand und so weiter). Das Gesamtgewicht kann dann durchaus 260 Kilogramm oder mehr betragen. Das würde bei einer Grundfläche von 0,5 Quadratmeter eine Nutzlast von 520 Kilogramm pro Quadratmeter betragen. Aber da es sich hier nur um eine punktuelle Belastung handelt, besteht noch kein Grund zur Sorge. Allerdings sollte das Aquarium nicht in der Mitte des Zimmers stehen. Das gilt auch für ein Klavier oder einen Konzertflügel, bei denen sich das Gewicht punktuell auf die sehr kleinen Füße verteilt.
Deckenhohe Bücher- oder Schallplattenregale sollten in der Wand verankert werden. Das gewährleistet die Standfestigkeit, die Lasten werden dann zum Teil durch die Wand abgetragen. Als Richtwert kann gelten: Ein Quadratmeter Bücher, einreihig in einem Regal, wiegt etwa 80 Kilogramm.
Ein Sonderfall sind „Menschenansammlungen in Wohnungen“. Auf einen Quadratmeter Wohnfläche passen vier Menschen. Bei einem durchschnittlichen Gewicht von 75 Kilogramm sind das 300 Kilogramm – kein Anlass zur Besorgnis. In einem 20 Quadratmeter großen Raum – ohne Möbel – könnten sich theoretisch also 80 Personen aufhalten. Vorsicht ist geboten bei einer Party, bei der der Fußboden durch das Tanzen in Vibration versetzt wird.
Mieterverursachte Einsturzgefahr ist selten
Die Räumung eines Wohngebäudes wegen Einsturzgefahr ist äußerst selten. Im Sommer 2009 mussten 55 Mieter in Wiesbaden ihre Wohnungen räumen, weil sich in den Decken Risse gebildet hatten. Im Jahr 2016 wurden in Spandau 21 Wohnungen wegen Einsturzgefahr geräumt. Bisweilen begründen auch Vermieter eine Wohnungsräumung mit einer angeblichen Einsturzgefahr. Von einem durch Verschulden des Mieters verursachten Einsturz einer Wohnung ist dem Berliner Mieterverein nichts bekannt. Aber wer will schon diese Gefahr als erster heraufbeschwören?
Rainer Bratfisch
Warnzeichen
Erste Anzeichen für eine mögliche statische Überbelastung einer Wohnung können Risse im Mauerwerk, Senkungen des Fußbodens oder klemmende Türen sein. Dann sollte unbedingt ein Prüfingenieur konsultiert werden. Aber auch hier gilt: Vorbeugen ist besser als Heilen – zumal Risse oder Senkungen zumeist irreparabel sind.
rb
24.05.2023