Der Berliner Mieterverein (BMV) hat am 30. Januar in seiner Veranstaltungsreihe „Forum Wohnungspolitik“ zu einer Diskussion eingeladen, um mit Fachleuten über offene Fragen zur Vergesellschaftung profitorientierter Wohnungskonzerne zu sprechen.
Auch wenn der Berliner Senat es nicht wahrhaben will: Dass die Vergesellschaftung verfassungsrechtlich möglich ist, hat die eigens eingesetzte Expertenkommission seinerzeit bestätigt. Welche Entschädigungssumme Berlin dafür zahlen müsste und was das für die Bewirtschaftung der Wohnungen bedeutet, ist allerdings umstritten. „Das ist eine wichtige Frage, weil sie auch über die künftigen Miethöhen mitentscheidet“, sagt BMV-Geschäftsführerin Ulrike Hamann-Onnertz.
Der Weimarer Wirtschaftsprofessor Thorsten Beckers, der Mitglied der Expertenkommission war, erklärt die Maßstäblichkeit der Entschädigung: „Sie muss hoch genug sein, um den Interessen der von der Vergesellschaftung Betroffenen gerecht zu werden, und niedrig genug, um die Mieten für die dort Wohnenden reduzieren zu können.“ Auf jeden Fall könne die Entschädigungszahlung unter dem Verkehrswert der Immobilien liegen.
Wohnungswirtschaftler Jan Kuhnert glaubt, dass wegen des schlechten Zustands der Wohnungen erhebliche Preisabschläge gerechtfertigt sind. Der BMV weist auf die gerade bei den Wohnungskonzernen immer wieder vorhandenen großen Instandhaltungsdefizite, Heizungsausfälle, Aufzugsstörungen und vieles mehr hin.
Aber nicht nur der Aufwand, der nötig ist, um den Wohnungsbestand wieder in einen ordentlichen Zustand zu bringen, sondern auch die Investitionen, die für die bis 2045 vorgesehene Klimaneutralität erforderlich sind, sollten in die Entschädigungszahlungen mit eingepreist werden.
Matthias Bernt vom Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung findet die Idee gut, dann wäre die Wertermittlung kein Problem. Allerdings: „Wir haben eine Regierung, die das gar nicht will“, gibt er zu bedenken.
Arie van Wijngaarden, ehemaliger Projektmanager für Stadterneuerung in Amsterdam, berichtet, dass die Niederlande nach einer Privatisierungswelle noch 30 Prozent Sozialwohnungen mit gesetzlichen Höchstmieten hat, doch die Wartezeit für eine solche Wohnung beträgt in Amsterdam 13 Jahre. Diese Erfahrung habe ihm eines gelehrt, dass es besser ist, einen großen öffentlichen Sektor zu haben, sagt Arie van Wijngaarden. „Ich bin jetzt Rentner. Meine Pensionskasse hat Millionen in Vonovia investiert. Und trotzdem unterstütze ich die Vergesellschaftung.“
Jens Sethmann
24.02.2024