Das Baukollegium tagte am 29. Januar zum 100. Mal. In der Jubiläumsrunde berieten die Architektur-Fachleute über das Kulturforum und blickten zurück auf die 15-jährige Geschichte des Expertengremiums.
„Das Baukollegium ist zu einem festen Bestandteil der Stadtentwicklung in Berlin geworden“, lobte Bausenator Christian Gaebler (SPD) zum Jubiläum. Das Gremium berät im Dialog mit den Bauherr:innen, der Verwaltung und der Stadtgesellschaft über Bauprojekte, die für das Stadtbild eine besondere Bedeutung haben. Obwohl die Fachleute nur Empfehlungen zur Architektur aussprechen, hat ihr Wort Gewicht.
Ins Leben gerufen wurde das Baukollegium im Jahr 2008 von der damaligen Senatsbaudirektorin Regula Lüscher. Ihr Vorgänger Hans Stimmann hatte noch nach seinem eigenen, eher konservativen Geschmack in die Gestaltung von stadtbildprägenden oder zentral gelegenen Bauvorhaben hineinregiert. Regula Lüscher wollte das mit einem sechsköpfigen Gremium auf eine breitere Basis stellen.
Mehr Transparenz wurde damit aber zunächst nicht hergestellt. Erst seit 2017 sind die Sitzungen und deren Protokolle öffentlich, inzwischen werden die Sitzungen auch gestreamt.
Soziale Fragen in den Nebenrollen
Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt, die das Baukollegium seit 2021 leitet, freut sich über die Ansprüche an das Gremium. „Wir alle wünschen uns eine schöne und lebenswerte Stadt.“ Der Senator erwartet vom Baukollegium noch etwas anderes: „Für mich ist ein wichtiger Aspekt auch die Beschleunigung von Bauvorhaben.“
Soziale Fragen spielen dagegen nur eine Nebenrolle. Mit Wohnungsbauten befasst sich das Baukollegium selten. In letzter Zeit ging es um Projekte am Checkpoint Charlie, am Alexanderplatz und an der Urania. Auf der Internetseite des Baukollegiums kann jede:r Anregungen geben, womit sich das Gremium befassen soll. Die Vorschläge kommen aber meist von den Bezirksämtern.
Ganz unabhängig ist das Baukollegium nicht. So hat es 2018 noch Hochhäuser auf dem Karstadt-Grundstück am Kurfürstendamm abgelehnt, gab aber 2021, nachdem der Senat mit dem Eigentümer Signa einen „Letter of Intent“ unterzeichnet hatte, doch grünes Licht. Dass der Beschluss in einer geheimen Sitzung fiel, wurde der Öffentlichkeit erst durch eine parlamentarische Anfrage bekannt. Das Vertrauen in die Unabhängigkeit des Baukollegiums hat dadurch gelitten – verstärkt auch durch die fulminante Pleite des hinter Signa stehenden Österreichers René Benko.
Mit Bauwettbewerben befasst sich das Baukollegium nicht. So ist es am umstrittenen Molkenmarkt nicht beteiligt. Dort hat Senatsbaudirektorin Kahlfeldt im Alleingang das Wettbewerbsverfahren kurz vor der Kürung eines Siegerentwurfs abgebrochen und die weit fortgeschrittene Planung wieder in Frage gestellt. Das weckt doch wieder Erinnerungen an die stimmannsche Autokratie.
Jens Sethmann
Externe Expertise mit gesicherter Einflussmöglichkeit
Im Baukollegium sitzen neben der Senatsbaudirektorin sechs Fachleute aus Architektur sowie Stadt- und Landschaftsplanung, die nicht in der Verwaltung arbeiten. Die aktuellen Mitglieder kommen aus Zürich, Amsterdam, Leipzig, Weimar und Berlin. Sie werden auf Vorschlag der Senatsbaudirektorin für zwei Jahre berufen. Durch ihre Auswahl kann die Direktorin also auch Einfluss auf die grobe architektonische Richtung nehmen. Petra Kahlfeldt steht für eine deutlich konservativere Architektur als ihre Vorgängerin Regula Lüscher.
js
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24.02.2024