Der renommierten Schweizer Dokumentar-Filmerin Sabine Gisiger gelingt mittels der Erinnerungen der Schauspielerin und Tänzerin Georgia van der Rohe, ihren beiden Schwestern Traudel und Marianne und insbesondere der Mutter Ada eine weibliche Sicht auf die Familie, weniger auf die Architektur des Vaters und Ehemanns Ludwig Mies, mehr auf die Lebensträume der weiblichen Familienmitglieder.
Shootingstar Mies van der Rohe ist berühmt. Er ist der Mann in der Öffentlichkeit. Seine Familie lebt fernab seiner Berliner Etagenwohnung im bayerischen Icking. Nicht auf die Weltausstellung 1929 in Barcelona, einzig 1927 bei der Einweihung der Weißenhofsiedlung in Stuttgart, wurden die Töchter eingeladen. Der Vater macht sich rar. Mit der Interieur-Designerin Lilly Reich arbeitet er am Dessauer Bauhaus zusammen. Heute noch verkauft der Hersteller Knoll zu einem Preis ab 15.000 Euro eine Liege aus Lillys Entwurf von 1930 – unter dem Namen des Architekten und nicht unter dem der Schöpferin.
Mies will für das Nazi-Regime arbeiten, er wehrt sich vehement gegen seinen erzwungenen Austritt aus der Akademie der Künste. 1938 geht er ins Exil nach Chicago. Seine Familie, auch Lilly Reich, bleibt in Deutschland.
In dem Film glänzt Katharina Thalbach, fein platziert auf ein „van der Rohe-“ (oder Lilly Reich-?)-Möbel und gibt Georgia ihre Stimme. Ein geschickter dramaturgischer Kniff, so gelingen die vielen Übergange vom Hier und Jetzt in die Vorkriegs-Stadtarchitekturen dieser bravourös inszenierten Film-Materialschlacht. Sehenswert!
eska
24.02.2024