Wer einen Wohngeldantrag stellt, muss seine Besitztümer offenlegen. Kein Grund, auf die Zulage zu verzichten, denn vieles, was zum Leben gehört, kann gar nicht angerechnet werden. Auch die Vermögensgrenze wurde deutlich angehoben.
„Eigentlich müsste meine 88-jährige Nachbarin einen Wohngeldantrag stellen, weil sie kaum noch über die Runden kommt“, schrieb vor einiger Zeit eine Mieterin dem MieterMagazin. „Aber es fällt ihr schwer, um Hilfe zu bitten: Sie fühlt sich von dem umfangreichen Formular überfordert und ist vor allem irritiert bei der Frage nach ihren Vermögenswerten.“ Müsse sie jetzt etwa ihren Schmuck schätzen lassen? Oder den Esstisch aus dem Erbe ihrer Eltern verkaufen?
Rechtsanwältin Petra Goebel kennt solche Ängste aus ihrer Beratungspraxis beim Berliner Mieterverein (BMV): „Neben dem Einkommen – der Rente beispielsweise – werden auch Vermögenswerte bei einem Wohngeldantrag angerechnet“, erklärt sie. Dazu gehören Bargeld, Sparvermögen, Immobilien und Aktiendepots. Ebenso können Schmuck, Gemälde und Antiquitäten, die der Geldanlage dienen, zur Entscheidung über einen Wohngeldantrag mit herangezogen werden.
Nicht jeder Vermögenswert wird berücksichtigt
„Es gibt auch Vermögen, das nicht mit angerechnet werden darf“, erläutert Petra Goebel. Dazu gehören ein „angemessener Hausrat“, der private PKW, selbstgenutztes Wohneigentum und auch Vermögen aus der Altersvorsorge (Höchstgrenze: 30.000 Euro).
Um Eheringe oder Schmuckstücke, die man als Geschenke – etwa zu Hochzeitstagen – erhalten hat, oder um den Biedermeiersekretär, der ein altes Familienerbstück ist, muss sich keiner Sorgen machen. Anwältin Goebel: „Niemandem wird der Teppich unter den Füßen weggezogen.“
Was angemessen und damit nicht anrechenbar ist, kann jedoch von Fall zu Fall verschieden sein: Die selbstgenutzte Wohnimmobilie schließt nicht vom Wohngeldanspruch aus – eine riesige Mietwohnung, in der längst nur noch eine Person lebt, kann dagegen schon ein Ablehnungsgrund für den Antrag bei der Behörde sein.
Hohe Freigrenzen für Vermögen
Petra Goebel rät dennoch allen, die nicht wissen, wie sie gerade in der jetzigen Zeit mit ihren hohen Nach- und künftigen Vorauszahlungen über die Runden kommen sollen, einen Wohngeldantrag zu stellen.
Denn anders als beispielsweise beim Bürgergeld oder BAföG wird bei vorhandenem Vermögen das Wohngeld in den meisten Fällen nicht abgelehnt, weil der Gesetzgeber die Freigrenzen sehr hoch angesetzt hat und ein überwiegender Teil der Antragsteller sie gar nicht erreicht.
Laut Wohngeld-Verwaltungsvorschrift liegt die Obergrenze für das erste zu berücksichtigende Haushaltsmitglied bei 60.000 Euro und für jedes weitere bei 30.000 Euro.
Rechtsberaterin Petra Goebel weiß, dass es dennoch vor allem älteren Menschen schwerfällt, aufs Amt zu gehen: „Sie haben ein Leben lang gearbeitet – und jetzt sollen sie betteln?“ Das höre sie immer wieder. Stattdessen würde erst einmal im Haushalt gespart, wo es nur geht, die Heizung heruntergedreht und auf jeden Komfort verzichtet.
„Aber niemand muss sein Erspartes aufessen, bevor ein Anspruch auf Unterstützung besteht“, erklärt die Juristin.
Rosemarie Mieder
Deutlich höherer Zuschuss seit der Wohngeldreform
Seit über einem Jahr gilt die Wohngeldreform, die mit durchschnittlich rund 370 Euro pro Monat (bis dahin rund 180 Euro) deutlich höhere Beihilfen vorsieht. Wohngeld gibt es als Mietzuschuss für Mieter:innen, aber auch als sogenannter Lastenzuschuss für Menschen im selbst genutzten Wohneigentum. Den Zuschuss bekommen alle, die ein eigenes Einkommen haben. Neben dem Lohn aus Erwerbsarbeit zählen dazu Renten, Arbeitslosengeld I oder Kurzarbeitergeld.
Wer Bürgergeld erhält (früher Arbeitslosengeld 2), hat keinen Anspruch auf Wohngeld, da diese Leistung dort bereits mit eingerechnet ist. (§ 7 WoGG). Das gilt auch für alle, die Grundsicherung im Alter oder Sozialhilfe bei Erwerbsminderung beziehen.
rm
25.02.2024