Seit der Umstellung auf digitales Fernsehen haben die Kabelgesellschaften ein Problem: Die meisten Menschen kaufen sich lieber eine Set-Top-Box für 50 oder 60 Euro, als Monat für Monat Kabelgebühren zu zahlen. Häufig schließen die Firmen daher mit Wohnungsbaugesellschaften einen Vertrag, und sämtliche Mieter werden dann – ob sie wollen oder nicht – mit einem Breitbandkabelanschluss „beglückt“. Gegen diese Praxis wehrte sich nun ein Mieter erfolgreich.
Der Mieter wollte nicht mit „Highspeed hoch drei“ ins Internet und die rund 30 Sender, die er über die Set-Top-Box empfangen kann, reichten ihm voll und ganz. Vor allem aber sah er nicht ein, für einen Kabelanschluss pro Jahr 91,80 Euro zu zahlen. Als die Wohnungsbaugesellschaft DEGEWO sein Haus im Mai 2004 mit einem modernen Breitbandkabelnetz ausrüstete, verweigerte er daher die Verlegung der Anschlüsse. Ohne den Mietern eine Alternative zu lassen, hatte das Wohnungsunternehmen in der gesamten Gropiusstadt die Gemeinschaftsantennen auf den Dächern abgebaut und alle Wohnungen an das Kabel angeschlossen. Das Amtsgericht Neukölln (Az.: 20 C 98/03, in MM 05, 75) entschied nun, dass der Vermieter auch nach Umstellung auf das digitale terrestrische TV die Gemeinschaftsantenne in Ordnung zu halten hat, so dass der Mieter auch ohne Zimmerantenne die üblichen Programme empfangen kann.
Bei der DEGEWO ist man hingegen der Auffassung, dass die technischen Möglichkeiten des Breitbandkabels für die Mehrheit der Mieter eine klare Wohnwertverbesserung sind. „Wir haben ein Gesamtpaket mit einer Kabelservicefirma geschnürt und können unseren Mietern das Kabel daher sehr günstig anbieten“, sagt Sprecherin Erika Kröber. Statt 12,95 Euro zahle jeder Haushalt nur 7,65 Euro pro Monat. Beim Berliner Mieterverein weiß man, dass das Antennensterben in der Gropiusstadt kein Einzelfall ist. Auch andere Vermieter bieten ihren Mietern Multimediapakete – ungeachtet der Tatsache, dass viele die ganzen zusätzlichen Möglichkeiten wie Internet und schnelle Datenleitung gar nicht brauchen oder sich den „Provider“ für ihren Internetanschluss nicht vom Vermieter vorschreiben lassen wollen.
Birgit Leiß
MieterMagazin 4/05
Kein Einzelfall: Die DEGEWO demontierte alle Gemeinschaftsantennen in der Gropiusstadt
Foto: privat
04.01.2018