Derzeit werden bei den rund 300.000 Berliner Hartz-IV-Haushalten die Wohnkosten überprüft und es deutet einiges darauf hin, dass die befürchteten Massenumzüge ausbleiben.
Eine Stichprobe in Friedrichshain-Kreuzberg hat ergeben, dass lediglich 0,5 Prozent der Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II) die festgelegten Mietgrenzen überschreiten. In Lichtenberg sind es 400 von insgesamt 26.300 Haushalten. Nach Abzug der
von Härtefallregelungen Betroffenen bleiben hier 40 Haushalte übrig, die dann aufgefordert werden, ihre Wohnkosten zu senken. Um endlich verlässliche Zahlen für ganz Berlin zu haben, haben die Job-Center Anfang des Jahres all diejenigen Hartz-IV-Empfänger angeschrieben, die über den Richtwerten liegen. Gefragt wird nach dem Vorliegen von Härtegründen. Wer beispielsweise entweder mindestens 15 Jahre in seiner Wohnung lebt, schwanger oder älter als 60 Jahre ist, darf die Obergrenzen um 10 Prozent überschreiten. Behinderte oder allein Erziehende mit zwei oder mehr Kindern dürfen gar nicht zur Senkung der Wohnkosten aufgefordert werden. Nur wer keine dieser Ausnahmeregelungen geltend machen kann, muss untervermieten, umziehen – oder einen Teil der Miete selbst tragen. Die Ergebnisse des Rundschreibens standen bis Redaktionsschluss nicht fest. Sie lägen aber, so die Sprecherin der Senatssozialverwaltung, „weit unter den vom Stadtforschungsinstitut Topos prognostizierten Zahlen.“
Auch wenn es sich nur um Einzelfälle handelt – den Wohnungsbaugesellschaften muss daran gelegen sein, Umzüge wegen zu hoher Mieten zu verhindern. Kürzlich ist bekannt geworden, dass die Wohnungsgenossenschaft Lichtenberg (WGLi) dem Job-Center und dem Bezirksamt angeboten hat, die Miete in kritischen Fällen zeitlich befristet zu senken. Nun rudert man wieder zurück. „Entgegen aktueller Informationen in den Medien gewähren wir keine pauschalen Mietrabatte für Hartz-IV-Empfänger. Das würde auch dem Gleichheitsprinzip der Genossenschaft widersprechen“, heißt es in einer Presseerklärung. In Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt und dem Job-Center würden Einzelfalllösungen gesucht.
Auch andere Wohnungsbaugesellschaften wollen betroffenen Mietern entgegenkommen, zum Beispiel indem sie kleinere Wohnungen anbieten.
Birgit Leiß
MieterMagazin 4/06
‚Weniger Umzüge als von Topos prognostiziert‘, erwartet die Senatssozialverwaltung
Foto: Christian Muhrbeck
31.07.2013