Von Friedensreich Hundertwasser stammt das „Manifest der drei Häute“: „Die erste ist unsere eigene, unsere natürliche Haut, die zweite Haut ist unsere Kleidung und die dritte Haut ist unsere Umwelt, in der wir leben – die Stadt, der Arbeitsplatz, das Haus, die Wohnung.“ Was passiert, wenn die dritte Haut, die Wohnung, verloren geht?
Mehr als 6000 Berliner sind zurzeit als obdachlos registriert, hinzu kommt eine Dunkelziffer von circa 3000 – insgesamt ein „bunter Querschnitt der Gesellschaft“. 21 Männer, Frauen und Jugendliche haben Katrin Panier erzählt, warum sie ohne ihre „dritte Haut“ leben müssen – oder auch wollen. Die Ursachen sind vielfältig: Arbeitslosigkeit, Scheidung, falsche Freunde, Streit, Schulden, Gewalt, Sucht. In den letzten zehn Jahren sank das Durchschnittsalter der Obdachlosen von 50 auf 38 Jahre. Lehrstellenmangel, Kürzungen bei der Jugendhilfe und den Hartz-IV-Leistungen für Langzeitarbeitslose zwischen 18 und 25 Jahren verstärken diesen Trend. Auch Obdachlose haben Wünsche und Hoffnungen, Freuden und Ängste, gute und schlechte Tage. So meint zum Beispiel der obdachlose Gerhard in dem Buch: „Man muss auch als Obdachloser seine Würde behalten.“ Die meisten Obdachlosen erfrieren übrigens nicht, sie sterben an der zunehmenden Gleichgültigkeit ihrer Mitmenschen.
rb
MieterMagazin 4/06
Panier, Katrin: Die dritte Haut – Geschichten von Wohnungslosigkeit in Deutschland.
Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2006, 312 Seiten,
ISBN 3-89602-711-5, 9,90 Euro
31.07.2013