Es sind Minusgrade in Berlin und die Maklerin kommt fünf Minuten zu spät. Zumindest schenkt sie der Mietinteressentin ein Lächeln – schließlich geht es um ihre Provision. Wie viele Quadratmeter die Zweizimmerwohnung in der Friedrichshainer Sonntagstraße hat, wie hoch die Kaltmiete ist und wie viel Nebenkosten gezahlt werden müssen, weiß die Maklerin nicht genau. „Der Drucker im Büro ist kaputt. Deshalb habe ich kein Exposé dabei“, so die Begründung. Sie schätzt die Warmmiete auf 520 Euro, laut Zeitungsinserat sind es 498 Euro. Auch über die Heizkostenvorauszahlungen werden nur Mutmaßungen angestellt. Immerhin weiß die Wohnungsvermittlerin, dass per Fernwärme geheizt wird, im Haus vor allem Studenten wohnen, drei Straßen weiter eine Tram fährt und wer der Vermieter ist. Na ja, bei nachfolgender Recherche erwies sich der vermeintliche Vermieter lediglich als Hausverwaltung. Sympathisch war die Maklerin trotzdem. Nicht zuletzt, weil sie die Höhe ihrer eigenen Provision nicht im Kopf hatte. Hoffentlich zeigt sie sich auch so kulant, wenn die Mietinteressentin den Fragebogen zur Selbstauskunft ähnlich lax ausfüllt, wie ihre Angaben es waren.
Was die Makler-Branche als bedauerliche Einzelfälle abtut, ist Wohnungssuchenden nur allzu bekannt: mangelnde Auskünfte, Unpünktlichkeit, fehlende Schlüssel, Desinteresse an jeglichem Service. Dabei werden Immobilienmakler exakt für diese Dienste bezahlt. In der Regel beauftragt sie der Vermieter, um einen neuen Mieter für seine leer stehende Wohnung zu finden. Vorab wird geklärt, wer die Arbeitsleistung des Maklers honoriert. Liegt die Wohnung in einem unbegehrten Wohnbezirk, neigt der Vermieter eher dazu, die Maklerprovision selbst zu tragen. Schließlich will er die wenigen Interessenten nicht durch zusätzlich anfallende Kosten verschrecken. In Szenebezirken, wo sich unzählige Mieter um ein und dieselbe Wohnung bemühen, verhält es sich umgekehrt.
Wohnungen vermitteln Makler nicht mehr nur über Inserate in Zeitungen. Das Internet mit seinen Angeboten speziell für Wohnungssuchende hat sich zu ihrer wichtigsten Plattform gemausert. Doch woran erkennt man einen seriösen Makler? Zunächst muss im Wohnungsangebot immer auf das Anfallen einer Provision hingewiesen werden. Anderenfalls riskiert der Makler, leer auszugehen. Weitere Merkmale eines seriösen Maklers hat der „Immobilienverband Deutschland“ definiert, in dem sich landesweit 6000 Immobilienmakler zusammengeschlossen haben. Demnach muss ein guter Makler Marktkenntnis besitzen, Referenzen über seine Ausbildung und praktische Erfahrung vorweisen können, ohne Zeitdruck ausführlich und individuell beraten und Mitglied im Berufsverband sein. „Ein seriöser Makler versteht sich als Vermittler zwischen Vermieter und Mieter. Er ist Dienstleister für beide Seiten und absolut unparteiisch“, sagt Jürgen Michael Schick, Vizepräsident des Immobilienverbandes Deutschland (IVD). Außerdem seien gerade in Berlin die Zeiten vorbei, in denen der Mieter als Bittsteller daherkommt. „Jeder Mieter kann erwarten, dass er eine Wohnung professionell vermittelt bekommt.
Kein geschützter Beruf
Die Realität sieht oft anders aus. Für die Ausübung des Maklerberufes gibt es keine strengen Vorschriften, ja nicht einmal eine Zugangsvoraussetzung. Makler ist kein geschützter Beruf, und so darf sich jedermann Makler nennen, der einen Gewerbeschein besitzt. Im Wohnungsvermittlungsgesetz heißt es: „Wohnungsvermittler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer den Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume vermittelt oder die Gelegenheit zum Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume nachweist.“ Im Alltag bedeutet das: Makler ist, wer dem Mieter ein Wohnungsangebot unterbreitet, ihm die Adresse des Vermieters nennt und Provision verlangen kann, sobald beide Parteien den Mietvertrag unterschrieben haben.
Als Mieter sollte man in jedem Fall darauf achten, dass der Makler klar und deutlich formuliert, wer seine Provision zahlt. Denn der Maklervertrag ist grundsätzlich formfrei. Der Mieter muss nicht schriftlich bestätigen, dass er mit dem Makler ins Geschäft kommt. Ein verbindlicher Vertrag kann auch mündlich oder stillschweigend zustande kommen, sobald der Makler auf seine Ansprüche hingewiesen hat – und sei es nur durch ein Kreuz in der Spalte „Provision“ des Zeitungsinserates. Aufwendungen, wie zum Beispiel Fahrt- oder Bürokosten, hat der Makler unabhängig vom Erfolg seiner Vermittlung stets allein zu tragen.
Keine Maklergebühr darf erhoben werden, wenn dem Makler die Wohnung gehört, er sie verwaltet oder vermietet, wenn lediglich ein Mietverhältnis über dieselben Wohnräume verlängert wird oder wenn es sich bei der vermittelten Wohnung um eine Sozialwohnung handelt. Dasselbe gilt, sobald Makler und Wohnungseigentümer, -verwalter oder -vermieter rechtlich oder wirtschaftlich miteinander verbandelt sind. Wurde trotzdem eine Provision eingestrichen, kann man sein Geld getrost zurückfordern.
Provision ist begrenzt
Das Wohnungsvermittlungsgesetz regelt ebenfalls, dass die Provision des Maklers für eine Privatwohnung zwei Mieten plus Mehrwertsteuer nicht überschreiten darf. Die Nebenkosten, über die gesondert abzurechnen ist, bleiben bei der Berechnung prinzipiell außen vor. Zudem ist der Wohnungsvermittler nicht berechtigt, einen Vorschuss zu fordern. Fällig wird die Provision erst nach Unterzeichnung des Mietvertrages. Nicht unüblich ist, dass sich Vermieter und Mieter die Courtage teilen. Selbst dann darf sie jedoch insgesamt nur zwei Monatsmieten plus Mehrwertsteuer betragen. „Im Grunde kann man sich die teure Provision aber sparen. Auf dem Berliner Wohnungsmarkt finden Mieter auch ohne Makler eine attraktive Wohnung. Problematisch wird es nur dann, wenn man auf dem Weg zur Traumwohnung gar nicht am Makler vorbeikommt. Einige Vermieter sind dazu übergegangen, ihre freien Wohnungen nur noch über den Makler zu vergeben. Mieterfreundlich ist das nicht“, sagt Frank Maciejewski vom Berliner Mieterverein.
Kein Wunder also, dass der Makler bei Mietern nicht im besten Ruf steht. Verlangt er doch neben den üppigen Umzugskosten einen weiteren Griff in den ohnehin geschröpften Geldbeutel. Zusätzlich stellt er ziemlich private Fragen. Der Fragebogen zur Mieterselbstauskunft gehört heute zum Standardwerkzeug für die Auswahl des „idealen“ Mieters. Darin soll man sein Einkommen, seinen Arbeitgeber, seine Schufa-Daten und vieles mehr offen legen. Fast kommt man sich vor wie beim Bewerbungsgespräch. Aber genau wie dem neuen Arbeitgeber ist es auch dem neuen Vermieter nicht erlaubt, sich nach allem zu erkundigen. Ehrlich sein muss man hinsichtlich des Einkommens und der Schulden. Tabu sind Fragen nach Krankheiten, Vorstrafen, Parteizugehörigkeit, Kinderwunsch, nach der Nationalität des Partners oder einer Mitgliedschaft im Mieterverein. Hier kann man mit seinen Angaben ebenso großzügig jonglieren wie mancher Makler mit Mietpreisen und Quadratmeterzahlen.
Sandra Klose
MieterMagazin 4/06
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Wer erhält den Zuschlag?
Bewerben sich viele Mietinteressenten um dieselbe Wohnung, fragt sich, nach welchen Kriterien der Makler den passenden neuen Mieter auswählt. Zunächst sollte man klar signalisieren, dass man an der Wohnung interessiert ist. Es genügt also nicht, den Fragenbogen zur Mieterselbstauskunft auszufüllen und auf sein Glück zu vertrauen. Gern gesehen sind Mieter mit einem regelmäßigen, ausreichend hohen Einkommen, die noch dazu zuverlässig wirken. Deshalb ist es ratsam, pünktlich zu einem Besichtigungstermin zu erscheinen. Makler mögen unkomplizierte Mieter. Diesen Gefallen sollte man ihnen aber im eigenen Interesse nicht tun. Klug ist, vor der Unterzeichnung des Mietvertrages alle Unklarheiten zu beseitigen, um böse Überraschungen im Nachhinein zu vermeiden. Oft entscheidet sich der Makler ohnehin anhand eines eher unerwarteten Kriteriums, wie Jürgen Michael Schick vom Immobilienverband Deutschland weiß: „Die Persönlichkeit des potenziellen Mieters zählt immer mehr als Daten auf einem Fragebogen. In erster Linie geht es darum, den passenden Mieter für das jeweilige Haus zu finden.“
san
30.05.2014