Kleine Bordelle in einer Wohngegend sollen nicht mehr ohne weiteres von der Bau- und Wohnungsaufsicht geschlossen werden. Mehrheitlich wurde der von SPD und Grünen gestellte Antrag in der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf beschlossen – doch die politische Diskussion geht weiter.
Ein ganz normaler Altbau in einer ruhigen Wohnstraße der West-City, wären dort nicht die rotblinkenden Herzchen im Fenster. Die Nachbarn sind geteilter Meinung: Von „Das gehört doch auch zu Berlin“ über „Unser Haus wird herabgestuft“ bis zu „Beginn eines schleichenden Verfalls“ reichen die Kommentare über das Etablissement im Erdgeschoss. Und es liegen mittlerweile auch anonyme Anzeigen vor. Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU) tritt weiterhin dafür ein, dass Bordelle in Wohngebieten nichts zu suchen haben. „Der Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung ist für uns nicht geltende Rechtslage. Wir haben die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts zu beachten“. Stadträtin Martina Schmidhofer (Grüne) hingegen meint, dass mit dem Prostitutionsgesetz von 2001 auch eine neue ethisch-moralische Grundlage geschaffen wurde: „Ein Bordell stört nicht deshalb, weil es ein Bordell ist.“ Das Baurecht solle die Frauen nicht weiterhin „an den Rand der Gesellschaft drängen, in ein Gewerbegebiet neben Autoreifen- und Schrotthändlern.“ Im Einzellfall müsse man abwägen, aber nicht störende kleine Bordelle müssten auch in Wohngebieten erlaubt sein.
Nicole Lindner-Verweyen
MieterMagazin 4/07
Über Bordelle in Wohnhäusern gehen die Meinungen auseinander:
bei Bewohnern wie Politikern
Foto: Nicole Lindner-Verweyen
15.04.2013