Für die zentral gelegene Einöde nördlich des Hauptbahnhofs wurde ein städtebaulicher Wettbewerb ausgelobt. Auf der Fläche, die doppelt so groß ist wie das Potsdamer-Platz-Areal, soll in den nächsten 15 Jahren ein gemischtes Stadtviertel entstehen.
Eine grüne Promenade, ein Kulturcampus, ruhiges Wohnen am Wasser, beschauliche Grachten – eine schöne Vision, die Realität ist das genaue Gegenteil. Die Rede ist von der Heidestraße, einer lauten, staubigen Rennstrecke, auf der täglich 40.000 Autos fahren. Links stehen ein paar heruntergekommene Wohnhäuser mit blinden Scheiben und ein seit vier Jahren stillgelegter Containerbahnhof, rechts gibt es alte Speditionshallen und Baustofflager.
Für die rund 40 Hektar große Riesenbrache zwischen Invalidenstraße und Perleberger Brücke gab es bislang noch keine konkreten Pläne. Doch nun haben die Grundstückseigentümer Vivico und Deutsche Bahn AG gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und dem Bezirksamt Mitte einen städtebaulichen Realisierungswettbewerb ausgelobt. Aus 80 Architektur- und Stadtplanungsbüros wurden fünf ausgewählt, die bis zum 11. April städtebauliche Konzepte erarbeiten sollen.
Die Vorgaben des Senats sehen eine Bruttogeschossfläche von 440.000 bis 610.000 Quadratmetern vor, 10.000 bis 14.000 Arbeitsplätze sollen entstehen. Drei Nutzungsschwerpunkte, die aus den Einrichtungen der Umgebung abgeleitet sind, wurden festgelegt: Tourismus (Hauptbahnhof), Kultur (Museum Hamburger Bahnhof) und Gesundheit (Charité). Gefragt ist eine kleinteilige Mischung, Monostrukturen sind unerwünscht. Mit 800 bis 1200 Einheiten ist der vorgesehene Wohnanteil relativ klein. Die Wohnungen werden hauptsächlich am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal entstehen. Über den Kanal sollen zwei neue Querungen gebaut werden. An der Perleberger Brücke ist außerdem ein S-Bahnhof für die künftige S 21 vorgesehen.
Die Bebauung könnte nach den Einschätzungen der Grundstückseigentümer 2009 starten und in zehn bis fünfzehn Jahren beendet sein. Dass diese berufsoptimistischen Ankündigungen sich meist deutlich verschieben, zeigen nicht zuletzt die Bahn-/Vivico-Projekte für den Hauptbahnhof und sein direktes Umfeld.
Jens Sethmann
MieterMagazin 4/08
Laut, staubig, heruntergekommen: die Heidestraße nördlich des Hauptbahnhofs
Foto: Christian Muhrbeck
12.07.2013