Effizientere Arbeitsweise, billigeres Angebot, mehr Service, neue Arbeitsplätze und nicht zuletzt: ein Geldsegen für die leeren Stadtkassen – allen soll die Privatisierung öffentlicher Aufgaben Vorteile bringen. Allzu oft blieben diese Versprechen jedoch uneingelöst, denn in vielen Fällen, in denen Wasserwerke, Gasversorger, Elektrizitätswerke, Verkehrsbetriebe, Müllabfuhr oder Wohnungsbaugesellschaften privatisiert wurden, haben sich nur die Käufer über Gewinne freuen können. Auf der anderen Seite wird der Verbraucher mit stark steigenden Nebenkosten und Mieterhöhungen konfrontiert, Strompreise klettern in ungeahnte Höhen und die Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr ziehen regelmäßig an. Gleichzeitig reduzieren die privaten Versorger die Investitionen in die Netze und bauen Arbeitsplätze ab. Zu alledem haben die Städte nach dem einmaligen Verkaufsstrohfeuer keine Einnahmen mehr aus den Betrieben und auch kaum noch Einfluss auf die Geschäftspolitik der Versorgungsunternehmen. Noch ist unter Kommunalpolitikern der Trend zum Privatisieren ungebrochen. Doch es regt sich Widerstand.
36.000 Berliner haben in sechs Monaten unterschrieben, um Licht ins Dunkel um die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) zu bringen. „Schluss mit den Geheimverträgen – wir Berliner wollen unser Wasser zurück“, lautet der Titel des Volksbegehrens, das von der Initiative Berliner Wassertisch und dem Berliner Bündnis gegen Privatisierung gestartet wurde. Der Hintergrund: 1999 wurden die BWB zu 49,9 Prozent an die Konzerne RWE und Veolia verkauft. Seitdem sind die Wasserpreise in Berlin drastisch gestiegen: von 2003 bis 2007 insgesamt um 26 Prozent. Bundesweit zählt Berlin heute zu den Städten mit dem teuersten Wasser – obwohl es hier relativ einfach gewonnen werden kann. Die BWB haben 2007 einen Rekordgewinn von 335 Millionen Euro verbucht. Davon gehen 185 Millionen an die privaten Anteilseigner und 150 Millionen an das Land Berlin. Der Grund für die Preissteigerung ist eine Gewinngarantie, die der Senat seinerzeit den neuen Miteigentümern zugesichert hat. Was im Einzelnen vereinbart wurde, weiß man nicht, weil die bis 2028 laufenden Verträge zwischen dem Land Berlin und den Konzernen geheim gehalten werden. Mit dem Antrag auf ein Volksbegehren wollte die Bürgerinitiative ein Gesetz durchbringen, in dem alle Vertragsinhalte und Nebenabsprachen offengelegt werden sollten.
Doch obwohl sich der Senat laut Koalitionsvereinbarung für die Rekommunalisierung der BWB einsetzen will, wies er das Volksbegehren zurück, weil es gegen die Verfassung verstoße: Es würden „Geheimhaltungsinteressen betroffener Privater außer Acht gelassen“ und gegen Vertrauensschutz und Eigentumsgarantie verstoßen. Die Initiatoren kündigten an, die Zulassung des Volksbegehrens vor dem Berliner Verfassungsgericht einzuklagen. Die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche kritisiert: „Der Senat befriedigt die Konzerninteressen vorab und legt engagierten Bürgern Steine in den Weg.“
Im Senat kommt besonders die Linke in Erklärungsnöte. „Wir hielten und halten die Teilprivatisierung der BWB für politisch falsch und wollen weiterhin jede realisierbare Chance für ihre Rückgängigmachung nutzen“, sagt der Landesvorsitzende der Linken, Klaus Lederer. „Wir sind hier mit den Folgen einer grandiosen Fehlentscheidung der Diepgen-Koalition konfrontiert.“ Der Fall der BWB zeigt, wie stark die Position der privaten Miteigentümer ist und wie schwer eine Privatisierung rückgängig gemacht werden kann.
Mit schlechtem Beispiel voran: der Bund
Das Land Berlin hat in den letzten zehn Jahren nicht nur die Hälfte der Wasserbetriebe, sondern auch die Energieversorger Gasag und Bewag, die Wohnungsbaugesellschaften Gehag und GSW, die Gewerbesiedlungsgesellschaft GSG und die Landesbank verkauft.
Privatisiert wird auf allen staatlichen Ebenen. Der Bund machte mit der Telekom und der Post den Anfang. Bei der Deutschen Bahn AG steht der Teilverkauf demnächst an. Mehrere Bundesländer entledigen sich ihrer Landesentwicklungsgesellschaften und Landesbanken. Am meisten verkauft wird auf kommunaler Ebene: Städte, Gemeinden und Landkreise haben im vergangenen Jahrzehnt fast alles abgestoßen, was sich verkaufen ließ: Stadtwerke, Wohnungsbaugesellschaften, Wasserwerke, Verkehrsbetriebe, Müllabfuhr, Krankenhäuser, Seniorenheime, Bäder, Schulen, Kindergärten, öffentliche Plätze, Grünanlagen.
Der Grund für die Privatisierungen ist meist nicht, dass die Stadträte der neoliberalen Ideologie verfallen sind, nach der privat immer besser sei als staatlich. In aller Regel sehen sich die Stadtverordneten und Entscheidungsträger in ihrer Haushaltsnotlage dazu gezwungen, Teile ihres Eigentums zu verkaufen.
So war es auch in Leipzig. Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) wollte 49,9 Prozent der Stadtwerke an den französischen Energiekonzern „Gaz de France“ abstoßen. Doch die Leipziger wollten ihre öffentlichen Betriebe behalten. In einem Aufsehen erregenden Bürgerentscheid stimmten am 27. Januar 2008 fast 150.000 Bürger dafür, dass nicht nur die Stadtwerke, sondern auch die übrigen kommunalen Betriebe, deren Privatisierung immer wieder zur Debatte gestanden hatte, in den kommenden drei Jahren nicht verkauft werden dürfen.
Preisprüfstelle gefordert
Erstes Ziel privater Betriebe ist es, hohe Gewinne einzufahren. Wundersame Preissteigerungen, wie sie immer wieder nach Privatisierungen auftreten, dürfte es aber nicht geben, solange die Bundesnetzagentur und die Kartellbehörden funktionieren und durchsetzungsfähig sind. Zurzeit hat das Bundeskartellamt gegen 35 Gasversorger Missbrauchsverfahren wegen überhöhter Gaspreise eröffnet, darunter auch gegen die Berliner Gasag. Zuvor hat schon die Bundesnetzagentur gegen die Gas- und Stromversorger, die auch die Netze besitzen, deutliche Absenkungen der Durchleitungsgebühren für andere Lieferanten durchgesetzt. Spürbare Kostensenkungen für den Verbraucher gab es dadurch allerdings nicht. „Wir brauchen Transparenz und Überprüfbarkeit der Preiskalkulationen“, fordert Reiner Wild, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins (BMV). Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) verlangt von der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz, eine unabhängige Preisprüfungsstelle für alle von Monopolunternehmen erbrachten Leistungen einzurichten.
Dass jedoch Betriebe in öffentlicher Hand nicht automatisch besser für die Allgemeinheit sind, zeigt die Erfahrung. In der Vergangenheit haben sich viele staatliche Unternehmen ihren Ruf mit Intransparenz, politischem Filz, verknöcherten Verwaltungen und schlechtem Kundendienst ruiniert.
Die öffentliche Hand muss nicht nur ihre Betriebe auf Vordermann bringen, sie braucht auch eine Vorstellung davon, was sie mit ihren Betrieben erreichen will. Soll eine städtische Wohnungsbaugesellschaft den Bürgern gute, sichere und bezahlbare Wohnungen bieten, eine tragende Rolle bei der Stadterneuerung und beim Stadtumbau übernehmen oder helfen, die Löcher im Haushalt zu stopfen? Sollen die Stadtwerke die Bürger mit billiger Energie versorgen, sollen sie ökologischen Strom produzieren oder sollen sie möglichst viel Geld in die Stadtkasse spülen?
Die Berliner städtischen Betriebe dienten in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten vor allem als Tafelsilber, das man im Notfall zu Geld machen konnte. Hier setzt langsam ein Umdenken ein: Der rot-rote Senat hat in seiner Koalitionsvereinbarung für die Wahlperiode 2006 bis 2011 weitere Privatisierungen weitgehend ausgeschlossen: „Die Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge werden in ihrer Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit gestärkt und verbleiben in öffentlicher Hand. Dies gilt insbesondere für die Unternehmen der Wasserversorgung, der Gesundheitsversorgung, der Stadtreinigung, des Wohnungswesens und des öffentlichen Personennahverkehrs.“
Welche Rolle die öffentlichen Unternehmen aber spielen sollen, darüber hat sich der Senat offenkundig schon lange keine Gedanken mehr gemacht. Auf die Preisgestaltung der BVG oder der Bewag hat die Politik in der Vergangenheit beispielsweise nur wenig Einfluss genommen. Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wurden in den 90er Jahren dazu gezwungen, einander aufzukaufen. Der Senat hat auf diese Weise Geld aus den Wohnungsunternehmen herausgezogen. Im Tagesgeschäft der Vermietung lässt man die Geschäftsführer aber alleine schalten und walten. Die Aufsichtsräte, in denen Staatssekretäre, Vertreter der Senatsverwaltungen, Bezirksbürgermeister und ehemalige Senatoren sitzen, sehen meist tatenlos zu.
„Sozialer Mehrwert“
Die Linke fordert nun den Koalitionspartner SPD auf, in einen „Metropolendiskurs“ einzusteigen. Es solle darüber gesprochen werden, wie eine solidarische und nachhaltige Stadtgesellschaft organisiert werden kann. Dabei müsse man sich auch über die Aufgaben der verbliebenen landeseigenen Unternehmen verständigen, die auch einen „sozialen Mehrwert“ darstellten. „Wir wollen die Debatte auf den Nutzen lenken, der für die Stadt generiert werden kann“, sagt Pressesprecher Thomas Barthel von den Linken.
Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) lässt indessen immer wieder durchblicken, dass für ihn die öffentlichen Unternehmen nur ein teurer Klotz am Bein sind. Aus der Opposition kommen regelmäßig Forderungen nach Privatisierungen. Erst im Juni 2007 hat die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus den Verkauf aller sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften verlangt. Der Finanzpolitiker der CDU, Alexander Kaczmarek, sagte, Berlin brauche diesen „finanzpolitischen Befreiungsschlag“. BBU-Vorstand Ludwig Burkardt konterte, damit würde „auf zukünftige Renditen verzichtet und Tafelsilber auf Kosten späterer Generationen unwiederbringlich versetzt“.
Ein Unterfangen wie der Stadtumbau Ost wäre ohne die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften schlicht unmöglich. Kein privatwirtschaftliches Unternehmen würde die eigenen Wohnungen abreißen, wenn nur die Konkurrenz von der Marktbereinigung profitieren würde. Aus diesem Grund bleibt die Abrissarbeit an den städtischen Unternehmen WBG Marzahn (Degewo) und Wogehe (Stadt und Land) hängen.
Überzeugende Stadtrendite
Der Nutzen für die Stadt geht aber weit über den bezifferbaren Gewinn hinaus. Während zum Beispiel Mietschuldner bei öffentlichen Wohnungsunternehmen auf Nachlässe oder Mietverzicht hoffen können, stehen sie bei privaten Vermietern schnell auf der Straße und die öffentliche Hand muss einspringen. Die meist niedrigeren Mieten der Öffentlichen ersparen der Landeskasse Wohngeldzahlungen und Unterkunftskosten. Wenn die Wohnungsunternehmen Quartiersmanagements, Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekte unterstützen, spart die Stadt Hilfsleistungen und erzielt zusätzliche Steuereinnahmen. Diese sogenannte Stadtrendite wurde beispielhaft für die Degewo errechnet. Bei einem Bilanzgewinn von 4,1 Millionen Euro erwirtschaftete sie im Jahr 2005 eine Stadtrendite von 46,81 Millionen Euro. Bei solchen Zahlen brauchen sich öffentliche Betriebe nicht hinter privaten zu verstecken.
„Die landeseigenen Wohnungsunternehmen müssen ihren Vorteil gegenüber den privaten nutzen und ausbauen“, fordert Reiner Wild. Da sie geringeren Renditeerwartungen unterliegen, könnten sie ihren Mietern bessere Dienstleistungen anbieten. „Hier zu sparen, wäre falsch“, so Wild. Sie dürften sich mit den Mieten nicht an den preistreibenden Investoren orientieren.
Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum der Staat nicht genauso gut wirtschaften könnte wie private Unternehmen. Berlin muss sich dringend Gedanken machen, welche Ziele man hat und mit welchen Mitteln die Ziele erreicht werden sollen. Für die Daseinsvorsorge braucht die Stadt öffentliche Unternehmen. Was man verkauft hat, steht als Instrument für eine soziale, nachhaltige, ökologische und ökonomische Stadtentwicklung nicht mehr zur Verfügung. Kopflose Privatisierungen führen in eine Sackgasse. Und aus der kommt man nur wieder heraus, wenn man umkehrt.
Jens Sethmann
Der radikale „Befreiungsschlag“, wie ihn Dresden 2006 vollzog, wurde für die einen zum Vorbild, für die anderen zum abschreckenden Beispiel: Durch den kompletten Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaft an einen Finanzinvestor wurde die sächsische Landeshauptstadt mit einem Schlag schuldenfrei – hat nun aber keinerlei Einfluss mehr auf eine soziale Wohnungsversorgung in ihren Mauern. Ein Bürgerbegehren dagegen hatte nicht genug Unterschriften zusammenbekommen. Während Dresdens inzwischen suspendierter Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) für sein beherztes Vorgehen damals von vielen Seiten noch bewundert wurde, drehte sich die Stimmung seither deutlich. In Freiburg scheiterte Ende 2006 der grüne Oberbürgermeister Dieter Salomon mit seinem Vorhaben, ebenfalls die städtische Wohnungsbaugesellschaft zu verkaufen, am Votum der Bürger.
Widerstand durch Bürgerbegehren gab es schon früher: 2001 wurde erstmals auf diesem Wege der Verkauf der Stadtwerke von Hamm verhindert. Im letzten Jahr wurden zum Beispiel die Privatisierung der Wohnungsbaugesellschaft von Schwerin, eines Krankenhauses in Meißen und des Wassernetzes von Issum durch Bürgerbegehren gestoppt. Nach Protesten hat der Stuttgarter Stadtrat die geplante Privatisierung der Stadtreinigung zurückgezogen, unter anderem weil in der Nachbarstadt Böblingen wie auch in mehreren anderen Städten die Erfahrungen mit der privatisierten Müllabfuhr so schlecht waren, dass sie nach kurzer Zeit wieder rekommunalisiert wurde.
Schuldenfreiheit um jeden Preis verfolgt hingegen Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU), der seit 1999 ohne Rücksicht auf Verluste selbst das verkauft, was niet- und nagelfest ist, unter anderem das Schienennetz der Stadtbahn. Seit September 2007 ist Erwins historische Mission vorerst beendet: Düsseldorf ist schuldenfrei – angeblich erstmals seit 1541.
js
In der Geschichte haben sich die Auffassungen, was einerseits zur Daseinsvorsorge gehört und in öffentlicher Regie erledigt werden muss und was andererseits Privaten überlassen werden kann, durchaus geändert. Im 19. Jahrhundert wurden Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerke von privaten Unternehmern aufgebaut, die von der Stadt eine Konzession erhielten und somit eine Monopolstellung hatten. Oftmals schon nach wenigen Jahren setzte sich die Erkenntnis durch, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas und Strom von Privaten nicht befriedigend gelöst werden konnte. Beispielsweise sträubten sich die englischen Betreiber der „Berlin Waterworks Company“, die noch spärlich bebauten und daher unprofitablen Vorstädte an das Wassernetz anzuschließen. Die Stadt entschloss sich daher 1874, noch vor Ablauf der Konzession, die Wasserwerke zu übernehmen. Privat betrieben wurden anfangs auch die Eisenbahnen und die Nahverkehrslinien. In Berlin waren jedoch die Fahrpläne der einzelnen Linien schlecht aufeinander abgestimmt und es gab ein großes Tarife-Wirrwarr. 1929 wurden alle Nahverkehrsbetriebe zur kommunalen BVG zusammengefasst. Die Schlachthöfe, die aus gesundheitspolitischen und stadthygienischen Gründen eingerichtet worden sind, galten hingegen selbstverständlich als städtische Aufgabe. Fast alle größeren deutschen Städte besaßen um 1900 einen kommunalen Schlachthof. Der Verkauf öffentlicher Betriebe aus einer Haushaltsnotlage ist übrigens auch kein Phänomen der heutigen Zeit. Bereits 1931 hatte der Berliner Magistrat die Bewag-Mehrheit an in- und ausländische Finanzgruppen verkauft, weil die Kassenlage der Stadt „katastrophal“ und „verzweifelt“ war. Die damalige Debatte um Für und Wider des sogenannten Bewag-Deals gleicht mit seinen Argumenten der heutigen Privatisierungsdiskussion auf verblüffende Weise.
js
Das Land Berlin ist gegenwärtig an 60 Gesellschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts aus verschiedenen Branchen beteiligt.
Zu den bedeutendsten Unternehmen im Besitz des Landes Berlin gehören:
- Degewo AG
- Gesobau AG
- Gewobag (96,69 Prozent)
- Howoge Wohnungsbaugesellschaft mbH
- Stadt und Land Wohnbauten-Gesellschaft mbH
- WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH
- BVG
- BSR
- Berliner Bäder-Betriebe
- Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH
- Behala – Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH
- Berliner Großmarkt GmbH
- Messe Berlin GmbH (99,7 Prozent)
- Liegenschaftsfonds Berlin GmbH
- Investitionsbank Berlin
Seit 1998 wurden aus dem Besitz des Landes Berlin verkauft
(in Klammern: der Erwerber):
- Gehag (85 Prozent RAG/WCM, 15 Prozent HSH Nordbank)
- GSW (Cerberus/Whitehall)
- GSG – Gewerbesiedlungs-Gesellschaft (Orco Group)
- Bewag (Vattenfall Europe AG)
- Gasag (31,575 Prozent Gaz de France, 31,575 Prozent Vattenfall Europe AG, 36,85 Prozent Thüga AG)
- Landesbank Berlin/Berliner Sparkasse (98,6 Prozent Deutscher Sparkassen- und Giroverband, 1,4 Prozent Streubesitz
Öffentlich-private Partnerschaften – ein Wundermittel mit Nebenwirkungen
Öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP), bislang eher bekannt als Public-Private-Partnership (PPP), greifen immer weiter um sich. Rostock und Lübeck haben von privaten Unternehmen Straßentunnel bauen lassen, für deren Benutzung diese Maut kassieren. Der Landkreis Offenbach hat 90 Schulen für 15 Jahre an ein privates Firmenkonsortium übergeben, das jährlich 52 Millionen Euro erhält und damit die Schulgebäude bewirtschaften und sanieren soll.
Die Stadt Gladbeck lässt sich nach diesem Muster gar ein neues Rathaus bauen. Hessen errichtete auf Grundlage einer ÖPP ein Gefängnis, das nun auch privat betrieben wird. Berlin hat schon im Jahre 2000 den Betrieb der Straßenbeleuchtung, später auch der Verkehrsampeln an die „Nuon Stadtlicht GmbH“ vergeben.
Noch kurz vor ihrer Abwahl hat die rot-grüne Bundesregierung ein ÖPP-Beschleunigungsgesetz verabschiedet. In diesem Jahr will die Bundesregierung eine Werbeoffensive für weitere öffentliche-private Partnerschaften starten. Doch es mehren sich auch warnende Stimmen.
Langfristige Erfahrungen gibt es in Deutschland noch nicht. Britische Finanzkontrollbehörden haben aber zum Beispiel traditionell finanzierte Schulen mit ÖPP-Projekten verglichen und festgestellt, dass in ÖPP-Schulen mehr Mängel auftreten und ihr Betrieb sogar oft teurer ist. In einem Fall stürzte ein Dach ein, die Gemeinde blieb auf dem Schaden sitzen. Die Verteilung des Risikos zwischen dem öffentlichen und dem privaten Partner ist der kritische Punkt. In der Regel kennen sich die auf ÖPP spezialisierten Firmen mit der Formulierung der Verträge weit besser aus als die Kommunalpolitiker. Letztendlich bleibt immer die Stadt in der Verantwortung gegenüber dem Bürger.
Einen Dämpfer bekamen ÖPP-Bestrebungen in Berlin: Die vorgesehene öffentlich-private Bewirtschaftung von 19 Schulen in Spandau, Reinickendorf und Treptow-Köpenick ist gestoppt worden, weil die prognostizierten Kostenvorteile sich als zu gering und zu unsicher darstellten.
js
MieterMagazin 4/08
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Im Internet:
Berliner Wassertisch:
www.berliner-wassertisch.net
Datenbank über Volks- und Bürgerbegehren von Mehr Demokratie e.V.:
www.mehr-demokratie.de
09.03.2019