Ein Wasser- oder Brandschaden in den heimischen vier Wänden ist für den Betroffenen immer eine unangenehme Sache. Kommen noch Auseinandersetzungen mit dem Vermieter oder der Versicherung hinzu, zum Beispiel darüber, wer in welcher Höhe für den Schaden am Mobiliar oder dem vom Mieter verlegten Parkettfußboden aufkommt, kann sich die Schadensregulierung unter Umständen jahrelang hinziehen. In diesen Fällen ist es hilfreich, einen Gutachter zu beauftragen.
Im Serviceteil des MieterMagazin finden sich in der Rubrik „Sonstige Angebote/Hausrat“ ein Name: Marianne Giese. Die Gutachterin ist die einzige bei der Industrie- und Handelskammer vereidigte Sachverständige für Hausrat in Berlin und zuständig für unabhängige Schadensexpertisen, zum Beispiel im Auftrag von Versicherungen oder der Berliner Gerichte. Natürlich wird sie auch von Privatleuten beauftragt, etwa „wenn jemand einen vermeintlich antiken Hausratsgegenstand gekauft hat und unsicher ist, ob dieser den Preis auch rechtfertigt.“ Der Expertin wäre es in solchen Fällen immer lieber, der Kunde hätte sich vor dem Kauf beraten lassen. „Aber das kommt so gut wie nie vor.“
Die Zeiten, in denen ihr Rat von Mietern gesucht wurde, die horrende Abstandssummen für gebrauchte Gardinen und eine veraltete Einbauküche bei Bezug einer neuen Wohnung zahlen sollten, sind indessen vorbei. „Es steht heutzutage mehr Wohnraum am Markt zur Verfügung, als dass man mit überzogenen Abstandsforderungen noch Geld verdienen könnte“, weiß Marianne Giese. Nach wie vor bestimmt aber die Hausratschätzung bei Brand-, Wasser- oder Einbruchsschäden und bei Erbauseinandersetzungen in Nachlassfällen ihren Alltag. Der gelernten Versicherungskauffrau kommt ihre frühere berufliche Tätigkeit heute zugute: „Ich kenne die Schadensabwicklung auf Seiten der Versicherung ganz genau und weiß daher, worauf es ankommt.“ Kann Hausrat oder Mobiliar wieder repariert werden, holt sie mehrere Angebote ein und beurteilt, mit welchem Kostenaufwand diese Reparatur verbunden sein könnte, auch ob gegebenenfalls eine Wertminderung zurückbleibt, die bei der Bezifferung des Gesamtschadens berücksichtigt werden muss.
Bei Hausrat ist der Neuwert versichert
Das Gutachten kann auch schon mal in einen wissenschaftlichen Text ausarten: Die Expertin recherchiert Zeitwerte, je nach Erhaltungszustand vor dem Schaden und Verkehrswert auf dem freien Markt. „Der Zeitwert einer Designercouch kann sich schon gewaltig vom IKEA-Modell unterscheiden, nicht jeder Versicherungsregulierer hat den fachlichen Hintergrund, das zu beurteilen“, sagt sie. Es ist für Geschädigte auch wichtig zu wissen, dass bei Hausratschäden nicht automatisch ein jährlicher prozentualer Zeitwertverlust zum Tragen kommt, wie dies zum Beispiel bei steuerlichen Abschreibungen der Fall ist. „Eine Hausratversicherung ist grundsätzlich eine Neuwertversicherung. Das sieht bei einem Haftpflichtschaden zum Beispiel ganz anders aus.“
Um vor Eintritt eines Schadensfalles bösen Überraschungen vorzubeugen ist es übrigens hilfreich, gelegentlich zu prüfen, ob der Wert der eigenen Hausratversicherung noch angemessen ist oder ob man zwischenzeitlich größere Anschaffungen getätigt hat. Stellt die Sachverständige bei einem Schaden eine Unterversicherung fest, bleibt der Betreffende im Zweifel auf den Kosten sitzen.
Elke Koepping
MieterMagazin 4/08
Je umfangreicher der Schaden,desto schwieriger die Kostenermittlung – der Hausratschätzer hilft in solchen Fällen
Foto: Marianne Giese
Was tun im Schadensfall?
Da den Geschädigten eine gesetzliche Schadensminderungspflicht trifft, ist es wichtig, gleich nach Schadenseintritt den Versuch zu unternehmen, zu retten, was zu retten ist. Dann sollte der Gesamtschaden nach Möglichkeit fotografisch festgehalten werden. Es kann hilfreich sein, schriftliche Aufzeichnungen zu machen und diese sich durch eine weitere Person bezeugen zu lassen. Auch sollte man beschädigten Hausrat nicht sofort komplett entsorgen, für den Fall, dass Fotos zur Schadensbegutachtung nicht ausreichen. Der nächste Schritt ist die Klärung der Zuständigkeiten: wer haftet? Ein Großteil der Schäden, die in einer Wohnung entstehen können, sind durch Versicherungen abgedeckt, sei es durch Hausrat-, Haftpflicht- oder Gebäudeversicherungen. In den wenigen Fällen, in denen eine private Haftung vorliegt, ist es auch ratsam, einen Gutachter zu Rate zu ziehen, falls die Höhe der Haftungssumme strittig ist.
ek
26.07.2019