Der Bundesgerichtshof hat die Vermieterkündigung bei geplantem Abriss eines sanierungswürdigen Altbaus erleichtert. Das Besitzrecht der klagenden Mieter steht in diesen jüngst entschiedenen Fällen hinter dem Verwertungsinteresse des Eigentümers zurück, urteilten die Karlsruher Richter.
Im konkreten Fall hatte ein Vermieter den sechs Mietparteien eines Heidelberger Altbaus aus dem Jahre 1914 mit dem Argument gekündigt, der Fortbestand der Mietverhältnisse würde ihn an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks hindern. Drei Mietparteien widersprachen der Kündigung. Vor dem Amtsgericht Heidelberg erhielten sie Recht. Das Landgericht Heidelberg hingegen hob in der Berufung die Urteile des Amtsgerichts auf und gab dem Vermieter Recht. Dagegen wehrten sich die gekündigten Mietparteien. Doch der Bundesgerichtshof (BGH, VIII ZR 7/08, VIII ZR 8/08 und 9/08) bestätigte die Urteile des Landgerichts. Der Vermieter kann seine Pläne umsetzen, das Wohngebäude abreißen und auf dem Grundstück einen Neubau mit Eigentumswohnungen und der doppelten Wohnfläche errichten.
Die BGH-Richter hielten in den drei Fällen eine Kündigung für gerechtfertigt, weil die angemessene wirtschaftliche Verwertung von vernünftigen, nachvollziehbaren Erwägungen getragen sei. Die Abwägung zwischen dem Bestandsinteresse der Mieter an der Beibehaltung des Mietvertrages und den Nachteilen des Vermieters, die dieser durch den Fortbestand der Mietverträge erleide, entziehe sich einer generalisierenden Betrachtung. Mit anderen Worten: Es kommt auf den Einzelfall an.
Konkret wäre der Vermieter in diesem Fall bei einem Fortbestand der Mietverträge auf eine Minimalsanierung des im schlechten baulichen Zustand befindlichen Gebäudes beschränkt. Diese würde nicht zu einer Verlängerung der Restnutzungsdauer mit unangemessener wirtschaftlicher Verwertung führen.
„Die Urteile sind gefährlich“, bewertete Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB), die Karlsruher Entscheidungen. Eigentümer dürften keinen Anspruch auf die höchstmögliche Rendite haben. Problematisch ist aus Sicht des Berliner Mietervereins, dass der Vermieter das Gebäude im Wissen um den Zustand und die bestehenden Mietverträge erworben hat und gleichwohl maximale Verwertungsziele umsetzen darf.
Reiner Wild
MieterMagazin 4/09
Der BGH urteilte: Eine nicht angemessene wirtschaftliche Verwertung rechtfertigt im Einzelfall den Abriss
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29.06.2017