Streit um eine kleine öffentliche Grünanlage in Schöneberg: Anliegende Grundstücksbesitzer müssen deren Herstellungskosten tragen.
Es geht um 1,7 Millionen Euro. Das Oberverwaltungsgericht entschied kürzlich in einem Eilverfahren in zweiter Instanz, dass der Bezirk Tempelhof-Schöneberg 90 Prozent der Baukosten für die 4200 Quadratmeter große Grünanlage auf die Eigentümer der Grundstücke im Umkreis von 200 Metern umlegen darf. Zwar steht die Verhandlung in der Hauptsache noch aus, doch die Betroffenen haben wenig Hoffnung, dass das Gericht dann zu einem anderen Urteil kommt.
Hintergrund ist das Bundesbaugesetz und das sogenannte Erschließungsbeitragsgesetz, demzufolge Gemeinden die Herstellungskosten für die Erschließung von Straßen und eben auch öffentlichen Grünanlagen auf die Anwohner umlegen können. Nichtsdestotrotz ist es in anderen Berliner Innenstadtbezirken für Grünanlagen nach Auskunft diverser Bezirksstadträte bisher noch nicht angewendet worden.
Viele Eigentümer in Schöneberg wurden von der Zahlungsaufforderung des Bezirks Ende 2008 völlig überrascht. Denn immerhin gibt es die Grünanlage schon seit 2004. Der Bezirk hatte vier Jahre Zeit, um die Beiträge von den Anwohnern einzufordern. Warum dies erst kurz vor Ende der Verjährungsfrist geschah, weiß auch Bezirksstadtrat Oliver Schworck (SPD) nicht zu sagen. Er ist seit 2006 im Amt und wurde nach eigenen Angaben nicht darauf hingewiesen, dass die Regelung der Kostenumlegung nicht vorher offiziell bekannt gegeben wurde. „Ein Paradebeispiel für Transparenz ist dieser Fall nicht“, räumt er ein. Viele Betroffene legten Widerspruch ein, doch sie unterlagen vor dem Oberverwaltungsgericht.
Vermieter von freifinanzierten Wohnungen dürfen laut Mietrecht derartige Kosten nicht auf ihre Mieter abwälzen. Anders sieht es aus im öffentlich geförderten Sozialen Wohnungsbau. „Hier darf der Vermieter die Kosten für die Grünanlage in seine Aufwendungen mit einbeziehen und dies kann in der Tat zu einer Mieterhöhung führen“, erklärt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Die „Pallasseum Wohnbauten KG“, Eigentümerin des Sozialbaus an der Pallasstraße, muss 150.000 Euro aufbringen. „Das entspricht fast unserem Jahresetat für die Instandhaltung der Immobilie“, sagt Prokuristin Sigrid Witthöft. Sie sieht sich daher zu Mieterhöhungen gezwungen. Spätestens zum 1. Mai werden die Mieten der 514 Wohneinheiten erhöht. Um wie viel, das werde derzeit noch geprüft. Nach Berechnungen des Bezirks dürfte es sich um 20 bis 30 Euro im Jahr pro Mietpartei handeln. „Wären wir während der Planung oder Bauzeit über die voraussichtlichen Kosten informiert worden, hätten wir Rückstellungen bilden können“, kritisiert Sigrid Witthöft.
Sina Tschacher
MieterMagazin 4/10
Kleiner Park – große Wirkung:
Über 500 Mieter im „Pallaseum“ müssen jetzt mit einer Mieterhöhung rechnen
Foto: Christian Muhrbeck
02.06.2013