Viele Bewohner in Berlins Ost-Bezirken haben noch einen Mietvertrag aus DDR-Zeiten. Aber auch im Westen existieren Verträge, die bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts und noch früher zurückreichen. Manche Regelungen sind, gemessen am heute Üblichen, ungewöhnlich. Aber sie gelten.
Seit 1953 wohnt Erika Wohlfahrt* in ihrer Dreizimmerwohnung in Berlin-Schöneberg. Auch der Mietvertrag stammt aus diesem Jahr. Zu den Renovierungsfragen im Falle eines Auszugs ist darin vermerkt, dass die Wohnung „besenrein“ zurückzugeben ist. „Dann muss die Mieterin die Wohnung auch nur besenrein ihrem Vermieter zurückgeben – und nicht renovieren“, kommentiert Frank Maciejewski vom Berliner Mieterverein: „Entscheidend ist, was im Vertrag steht – es gelten alle vertraglichen Vereinbarungen, die in einem alten Mietvertrag geschlossen wurden, auch heute noch.“
Darunter fallen neben dem vereinbarten Zustand bei Überlassung einer Wohnung nach Beendigung des Mietverhältnisses auch die Vereinbarungen über die Schönheitsreparaturen, über Untervermietung oder die Verwendung von Wohnräumen, beispielsweise durch gewerbliche Nutzung. „Sind allerdings zu einem Sachverhalt keine Regelungen im Mietvertrag festgelegt, gilt stets die aktuelle gesetzliche Regelung des Mietrechts“, so Rechtsexperte Maciejewski.
Bei Mietverträgen aus der Zeit der DDR sind üblicherweise während der Dauer des Mietverhältnisses keine Schönheitsreparaturen vom Mieter durchzuführen. DDR-Mietverträge enthalten normalerweise auch keine wirksame Kleinreparaturklausel.
Neues Vertragsangebot genau prüfen
Auch kann es im Einzelfall durchaus von Bedeutung sein, dass in den ostdeutschen Altverträgen automatisch beide Eheleute Vertragspartner eines Mietvertrages wurden, auch wenn ihn nur einer von beiden unterschrieben hatte. Denn das gilt auch heute noch.
Drängt ein Vermieter, über ein bestehendes Mietvertragsverhältnis einen neuen Vertrag abzuschließen, muss der Mieter nicht darauf eingehen. „Es gibt keinerlei Verpflichtung, alte Mietverträge aufzugeben und neue mit anderen Regelungen einzugehen“, meint Maciejewski. Seine Erfahrung: „Meistens sind die Bestimmungen in den alten Mietverträgen für den Mieter günstiger. Daher sollte der Mieter auf solch ein Angebot hin die neuen Vereinbarungen genau prüfen und sich erforderlichenfalls beraten lassen.“ Selbst wenn ein Mietshaus den Eigentümer wechselt, gilt der Grundsatz: „Kauf bricht Miete nicht“. Die alten Mietverträge bleiben unverändert. Der neue Vermieter ist verpflichtet, sie zu übernehmen. Im Fall von Erika Wohlfahrt wechselte seit 1953 vier Mal der Eigentümer, ihr Mietvertrag blieb davon jedes Mal unberührt.
Stirbt ein Mieter, so geht das Mietverhältnis auf die Erben über – und zwar mit allen Rechten und Pflichten. Das bedeutet: Beabsichtigt der Erbe, die Wohnung zu übernehmen, bleibt auch in diesem Fall der alte Mietvertrag bestehen.
Bettina Karl
* Name von der Redaktion geändert.
MieterMagazin 4/11
Wenn es an die Durchführung von Schönheitsreparaturen geht, sind alte Mietverträge oft günstiger für den Mieter
Foto: Sabine Münch
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Kündigungsfristen für alte Mietverträge
Bis zur Mietrechtsreform im September 2001 galt: Die gesetzliche Frist für Kündigungen von drei Monaten verlängert sich nach fünf, acht und zehn Jahren jeweils um weitere drei Monate. Wurde eine andere Kündigungsfrist vertraglich vereinbart, war diese für beide Parteien relevant. Das gilt zum Teil heute noch: Für einen vor September 2001 geschlossenen Mietvertrag, in dem eine Kündigungsfrist von 14 Tagen vereinbart wurde, muss der Mieter auch lediglich diesen Zeitraum einhalten. Für den Vermieter gilt bei alten Verträgen ebenfalls die vereinbarte Kündigungsfrist – die allerdings nicht kürzer als die gesetzliche Frist sein darf. Diese beträgt drei bis neun Monate, je nach Länge der Wohndauer und ist für alle nach dem 1. September 2001 geschlossenen Mietverträge bindend.
Seit der Mietrechtsreform sind auch Zeitmietverträge nicht mehr zulässig. Haben die Parteien sie allerdings vor dem 1. September 2001 geschlossen, bleiben sie wirksam. Ist dabei ein Mietvertrag für länger als 30 Jahre vereinbart wurden, kann jede Vertragspartei nach Ablauf der 30 Jahre das Mietverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist von drei Monaten kündigen (§ 544 BGB).
bk
05.01.2018