Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hat im Februar einen Entwurf für den neuen Stadtentwicklungsplan (StEP) Wohnen vorgelegt. Darin wird vor allem festgelegt, wo neue Wohnungen gebaut werden sollen. Alle anderen Fragen zum Wohnen sind bewusst ausgeklammert worden. Der Berliner Mieterverein (BMV) hält den Entwurf angesichts der Probleme auf dem Wohnungsmarkt für völlig unzureichend. Im Herbst will der Senat den Plan beschließen.
Der StEP Wohnen ist die „Planungsgrundlage für die Neubau- und Bestandsentwicklung von Wohnungen in Berlin bis zum Jahre 2025“, so die Senatsverwaltung. Von Bestandsentwicklung, also wie mit den knapp 1,9 Millionen schon vorhandenen Wohnungen in Berlin umgegangen werden soll, ist im StEP-Entwurf allerdings kaum die Rede. Der zeigt vor allem auf, wo die 122.000 Neubauwohnungen entstehen sollen, die für notwendig erachtet werden. Der Senat will erreichen, dass bis 2020 jährlich 11 500 Wohnungen gebaut werden, danach rund 6000 Wohnungen pro Jahr.
Wer nicht bauen will, muss zahlen?
Im StEP-Entwurf werden Flächen aufgeführt, die für den Neubau von rund 210.000 Wohnungen reichen. Sie liegen vorzugsweise innerhalb des S-Bahn-Rings oder am Innenstadtrand wie zum Beispiel auf dem Tempelhofer Feld oder an der Heidestraße, in der Nähe von Nahverkehrsbahnhöfen wie in Buch und Karlshorst sowie in attraktiven Wasserlagen wie in der Wasserstadt Oberhavel und im Bereich Köpenick/Grünau.
Kurzfristig verfügbar ist aber nur ein Teil der benannten Grundstücke. Um Flächen für den Neubau zu mobilisieren, wird in dem Entwurf vorgeschlagen, die Grundsteuer für „brachliegende oder untergenutzte Grundstücke“ zu erhöhen. Wer nicht bauen will, soll also zur Kasse gebeten werden. Der Bau großer Wohnsiedlungen mit Hochhäusern wird im StEP Wohnen abgelehnt. Sie entsprächen nicht der Nachfrage, man wolle daher „nicht heute die Leerstandsrisiken von morgen erzeugen“, wie es in dem Papier heißt.
Im Gegensatz zum vorherigen StEP Wohnen von 1999 trifft der neue Plan zur sozialen Absicherung des Wohnens in den bestehenden Wohnungen nur vage programmatische Aussagen. Konkrete Handlungsempfehlungen gibt es keine. Der Berliner Mieterverein (BMV) lehnt diese bewusste Ausklammerung ab. „Eigentlich müsste der Entwurf ,Stadtentwicklungsplan Wohnbauflächenpotenziale erschließen‘ heißen“, sagt BMV-Geschäftsführer Reiner Wild. So habe der Senat beispielsweise nicht erklärt, wo er den Erlass von Erhaltungs- und Milieuschutzsatzungen für notwendig hält. „Stattdessen liegt das Hauptaugenmerk darauf, den Geschäftemachern mit dem Wohnungsbau das Feld zu eröffnen“, kritisiert Wild.
Die Auswahl der Bauflächen hält der BMV für unausgewogen. Schließlich benenne der Entwurf ein Flächenpotenzial für fast doppelt so viele Wohnungen wie benötigt. „Trotzdem sollen Neubauten vor allem auf den Grünflächen entstehen“, bemängelt Wild.
Indessen regt sich schon Widerstand: Kleingärtner wehren sich gegen die Bebauung ihrer Kolonien. Und für die vollständige Freihaltung des Tempelhofer Feldes läuft ein Volksbegehren. „Die Leute misstrauen dem Senat“, so Wild, „und das Misstrauen ist berechtigt.“
Der Mieterverein vermisst auch eine Verzahnung des StEP Wohnen mit den anderen Stadtentwicklungskonzepten, zum Beispiel dem Klimaschutz. Wenn in Berlin mehr Häuser gebaut werden, werde schließlich auch der Energieverbrauch steigen. „Wie soll Berlin die Klimaschutzziele erreichen?“, fragt Reiner Wild. „Darüber hat man sich in dem Stadtentwicklungsplan keine Gedanken gemacht.“
Jens Sethmann
MieterMagazin 4/13
Der StEP Wohnen benennt Leerflächen für den Neubau – beispielsweise die große Brache entlang der Heidestraße
Foto: Daniel Schaub
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Einmal Braunschweig dazu
Bis 2030 wird Berlin von derzeit 3,5 Millionen auf rund 3,75 Millionen Einwohner anwachsen. Diese Prognose des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg ist die Grundlage für den StEP Wohnen, der auf das Jahr 2025 ausgerichtet ist. Der prognostizierte Zuwachs um 239.000 Menschen entspricht etwa der Einwohnerzahl von Braunschweig oder Halle. Besonders stark wird die Bevölkerung in Pankow, Lichtenberg und Teilen der Innenstadt anwachsen.
js
26.04.2017