Bundesjustizminister Heiko Maas wollte sich über die Nöte von Mietern infolge von Mieterhöhungen ein Bild machen – beim Berliner Mieterverein suchte und fand er den Kontakt zu Betroffenen.
„Heute bin ich hier, um zuzuhören“, erklärte der Minister für Justiz und Verbraucherschutz, Heiko Maas (SPD). Der Berliner Mieterverein (BMV) hatte mehrere Mieter eingeladen, die die Chance nutzen wollten, den Justizminister auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen.
Melanie Waage und Ramon Garcia sind Mieter in Prenzlauer Berg. Vor kurzer Zeit schlossen sie einen Mietvertrag ab. Alles in allem sah der Mietvertrag eine Nettokaltmiete von 10,50 Euro pro Quadratmeter im Monat vor – in Prenzlauer Berg nichts Ungewöhnliches mehr. Als sich dann bald nach Vertragsbeginn reichlich Mängel einstellten, wandten sich die Mieter an den Mieterverein. In der Folge wurde auch die im Vertrag genannte Wohnungsgröße überprüft. Die Wohnung erwies sich um mehr als 20 Quadratmeter kleiner als im Mietvertrag angegeben, der Quadratmeterpreis hätte damit bei über 12,50 Euro pro Quadratmeter gelegen. Der Oberwert des Berliner Mietspiegels weist für den Gründerzeitaltbau weniger als 7,50 Euro pro Quadratmeter nettokalt aus.
Rund 7 bis 10 Prozent steigen die Mieten bei neuen Verträgen jährlich in Berlin an, erläuterte der BMV-Geschäftsführer Reiner Wild dem Justizminister. In anderen Großstädten bietet sich ein ähnliches Bild. Höchste Zeit also, den Mietpreisanstieg zu begrenzen, denn ein Ausgleich von Angebot und Nachfrage wird durch Neubau alsbald nicht zu erzielen sein.
Justizminister Maas kündigte alsbald einen Referentenentwurf zur Mietpreisbremse an. Nach seinen Planungen könnten die Mieter in Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf ab 2015 vor Mieten, die mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, geschützt werden. Das fand natürlich die Zustimmung der Mietervertreter.
Erheblichen Mietpreissprüngen sehen sich derzeit viele Mieter durch Modernisierungsmaßnahmen ausgesetzt. „Die Beratungsnachfrage hat sich deutlich erhöht“, weiß Wibke Werner von der Geschäftsführung des BMV zu berichten. Sven Fischer, Christine Lüderitz und Peter Grabitz aus der Kopenhagener Straße 46 machten deutlich, welche Auswirkungen Modernisierungen und vor allem auch energetische Sanierungen haben können. Um mehr als 9 Euro pro Quadratmeter soll ihre Miete steigen – für Wärmedämmung, neue Fenster und eine Heizanlage. Allein eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung soll mit knapp 1,90 Euro pro Quadratmeter Mehrkosten zu Buche schlagen. Verständlich: Die Mieter wollen sich allesamt wehren. Doch es wurde schnell deutlich, dass die individuelle Berufung auf eine finanzielle Härte mit einem hohen Risiko verbunden ist. Justizminister Maas erkannte die hinter dieser Modernisierung stehende Absicht: Dem Eigentümer gehe es offenbar darum, „durch exorbitante Mietpreissteigerungen die Bude leer zu kriegen.“
Vor diesem Problem stehen auch die Mieter in der Steglitzer Horst-Kohl-Straße 15 A. Mieterin Beate Wagenknecht berichtet, dass die nach Modernisierung angekündigte Mietsteigerung von mehr als 5 Euro pro Quadratmeter viele Rentner verzweifelt mache: Was solle man tun, wenn nach Abzug der Miete weniger als 100 Euro zum Leben übrig bleiben würden?
Es ist offensichtlich, dass „Modernisierung auf dynamischen Wohnungsmärkten als Mittel zur Entmietung missbraucht wird“, bestätigt BMV-Geschäftsführer Wild. Die Änderungsvorschläge der großen Koalition seien da nicht ausreichend, ergänzte der Bundesdirektor des DMB, Lukas Siebenkotten. Gerade bei der energetischen Modernisierung müsse sich die Mieterhöhung an den tatsächlich erzielbaren Energieeinsparungen orientieren und nicht an den Kosten.
Im Herbst will sich der Justizminister mit den neuen Regelungen zur Modernisierung befassen. „Ich bin sicher, dass hier Verbesserungen möglich sind“, versprach Heiko Maas am Ende seiner Informationstour. Die Zeit drängt.
mm
MieterMagazin 4/14
Probleme wie Mietenexplosion und Verdrängung durch Modernisierung haben für Justizminister Heiko Maas (im Bild rechts) jetzt ein Gesicht
Foto: Sabine Münch
23.04.2014
