Hartmut Schmidt* fiel aus allen Wolken, als er seinen neuen Bewilligungsbescheid für den Mietzuschuss in den Händen hielt. Statt wie bisher 148,90 Euro sollte er ab 1. Januar 2020 nur noch 56,78 Euro monatlich erhalten – und das, obwohl sich seine Einkommensverhältnisse gar nicht geändert haben.
Es handele sich nicht um eine Kürzung, sondern um eine Neuberechnung, heißt es aus dem Hause von Bausenatorin Katrin Lompscher (Die Linke). Anfang 2019 sei aufgefallen, dass die „zgs consult GmbH“, die bis Ende 2019 für die Berechnung der Mietzuschüsse im Sozialen Wohnungsbau zuständig war, „in einigen Fällen“ bei sogenannten Aufstockern einen zu hohen Betrag bewilligt habe, weil die angemessene Wohnungsgröße gemäß Wohnraumgesetz Berlin nicht berücksichtigt worden war. Daraufhin wurden im Mai 2019 die Berechnungsmethoden geändert. Bei Folgeanträgen wird seitdem nur noch die angemessene Wohnungsgröße zugrunde gelegt. Wie viele Mieter betroffen sind, konnte Pressesprecherin Katrin Dietl nicht sagen: „Wir arbeiten intensiv daran, den Sachverhalt aufzuklären.“ Dass mittlerweile nicht mehr die zgs, sondern die Investitionsbank Berlin (IBB) für die Bearbeitung der Anträge zuständig ist, hat nach Angaben der Senatsbauverwaltung aber damit nichts zu tun. Der Vertrag der bislang beauftragten Institution sei ausgelaufen.
Hartmut Schmidt hat das Pech, in einer 59 Quadratmeter großen Wohnung zu leben – 9 Quadratmeter zu viel stürzen ihn nun in existenzielle Nöte. Wenn er, nach fast 35 Jahren, nicht aus seiner Wohnung ausziehen will, muss er die Differenz aus seinem Regelsatz in Höhe von 432 Euro bestreiten. Er hat nun gegen die zgs Klage vor dem Verwaltungsgericht eingereicht. Dass angeblich vier Jahre lang falsch berechnet worden war und der Zuschuss nun de facto stillschweigend gekürzt wurde, hält der Mieter für einen Skandal: „Ein Verlust der Wohnung wird billigend in Kauf genommen.“ Dabei soll der Mietzuschuss eigentlich genau davor schützen.
Birgit Leiß
* Name geändert
27.03.2020