Feministische Stadtplanung ist mehr als die Beschäftigung mit sogenannten Angst-Räumen. Es geht darum, die Stadt so umzubauen, dass die Menschen im Mittelpunkt stehen – alle Menschen wohlgemerkt. Denn eine kieznahe Versorgung, bezahlbare Mieten und eine solidarische Nachbarschaft sind im Interesse aller. Ein Fachgespräch am 6. März beschäftigte sich mit dem Thema.
„Patriarchale Machtstrukturen machen keinen Halt vor dem Wohnungsmarkt – im Gegenteil“, erklärte Niklas Schenker von der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Er hatte zu dem öffentlichen Fachgespräch geladen. Gerade in Zeiten der Krise seien Frauen in besonderem Maße von hohen Mieten und Wohnungsnot betroffen. Sarah Klosterkamp, feministische Wohnforscherin an der Uni Frankfurt/Main, hat bei ihren Recherchen herausgefunden, dass Frauen häufiger von Zwangsräumungen betroffen sind. Frauen haben im Schnitt ein geringeres Einkommen, und sie leisten mehr sogenannte Sorgearbeit: Angehörige pflegen, die Kinder zur Kita bringen, Arzttermine koordinieren. All das findet in der Wohnung oder im Wohnumfeld statt.
Die feministische Idee von Stadt sei daher eine Stadt der kurzen Wege, erklärte Tabea Latocha, die ebenfalls an der Uni Frankfurt zum Thema „Kommodifizierung („Zur-Ware-Werden“) des Wohnens forscht. Eine Stadt mit einer guten Infrastruktur, einem diskriminierungsfreien Zugang zu Wohnraum und Wohnungsgrundrissen, die nicht nur die heteronormative Kleinfamilie bedient – all dies würden kapitalistische Verwertungsmechanismen verhindern.
Praktische Erfahrungen steuerte Jutta Brambach, Initiatorin des lesbischen Neubau-Wohnprojekts in Mitte, bei. Es sei ein Lehrbeispiel für nicht-vorhandene Gendergerechtigkeit: „Wir wurden am Anfang als Lesben nicht ernst genommen.“ Dass das Haus nun gebaut wird, ist eine Erfolgsgeschichte, auch wenn die Frauen etliche Abstriche an ihren ursprünglichen Plänen machen mussten.
Birgit Leiß
29.03.2024