Die Wohnungsbaugenossenschaft Neukölln eG ist die drittälteste Berlins, gegründet 1901, zu Zeiten des Kaisers. Der gemeinnützige Gedanke lebt fort, sollte man meinen, doch der Vorstand ist entzweit: Der technischen Vorständin, einer Bauingenieurin, wurde vom Aufsichtsrat Urkundenfälschung vorgeworfen – sie soll gehen.
Angezeigt wurde das im Raum stehende Vergehen nicht. Stattdessen sollten die Mitgliedervertreter in einer außerordentlichen Versammlung richten. Doch sie weigerten sich. Zwar wurde der Arbeitsvertrag der Vorständin gekündigt, aber die notwendige Dreiviertel-Mehrheit für eine Amtsenthebung verfehlt – eine Hängepartie, und der Vorstand schweigt.
Ein Mitglied der Genossenschaft äußerte sich gegenüber dem MieterMagazin und beklagte Intransparenz und Überrumpelung. Die Vertreter seien im Vorfeld der Versammlung nicht über die Vorwürfe informiert worden. Und nachdem der Aufsichtsratsvorsitzende Saupe gleichzeitig als Versammlungsleiter und Ankläger aufgetreten war, wäre eine unabhängige Meinungsbildung kaum möglich gewesen. Pikant auch: Saupe, der zuvor selbst das Amt des technischen Vorstands bekleidete, trat gegen seine Nachfolgerin vor der Vertreterversammlung auf.
Über den plötzlichen Rausschmiss möchte der Aufsichtsratsvorsitzende Michael Saupe nicht mit dem MieterMagazin reden: Er habe seinerzeit die Bauingenieurin für den Vorstand vorgeschlagen, inzwischen sei er von ihr persönlich enttäuscht. Das Verfahren sei ein schwebendes, der Entlassenen stehe der Klageweg offen. Der Vorstand wiederum sei handlungsfähig.
In der Geschichte der Wohnungsgenossenschaft sei dieser Vorfall einmalig – so etwas habe es in 125 Jahren noch nie gegeben, sagt Saupe.
eska
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29.03.2024