Wenn Vermietende pleite gehen, sind die meisten Mieter:innen verunsichert, vor allem natürlich, weil sie eine Kündigung befürchten. Mit der müssen sie zwar in der Regel nicht rechnen, aber eine Insolvenz ist mit vielen Unannehmlichkeiten verbunden, zum Teil – und wenn man nicht aufpasst – auch mit Geldverlust. Weil die Zahl der Insolvenzen seit einigen Jahren steigt und Privatvermieter:innen ebenso betroffen sind wie große Immobilienfirmen, erklären wir hier die Folgen für das Mietverhältnis.

Illustration: Lisa Smith
1. Wie erfährt man, dass die Vermieterin oder der Vermieter insolvent ist?
Von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens – nicht aber von der Antragstellung – werden die Mieter:innen vom Gericht informiert. Meist gibt es schon vorher Alarmsignale, etwa wenn die Hausreinigung eingestellt wird oder die Mülltonnen nicht mehr geleert werden. Nicht selten melden sich auch die Versorgungsunternehmen von Gas, Wasser und Fernwärme bei der Bewohnerschaft und kündigen einen Lieferstopp an, weil der zahlungsunfähige Vermieter die Rechnungen nicht bezahlt hat.
2. Droht eine Kündigung?
Wohnraumietverhältnisse werden durch die Insolvenz nicht beendet. Weder der Vermieter noch der dann vom Gericht einbestellte Insolvenzverwalter – meist eine Anwältin oder ein Anwalt – haben ein Sonderkündigungsrecht. Das Mietverhältnis läuft ganz normal weiter, wobei der Insolvenzverwalter in die Rechte und Pflichten von Vermieterin und Vermieter eintritt. Wird das Haus oder die Wohnung später zwangsversteigert, hat man als Erwerber:in zwar ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht. Doch das ist ein wenig irreführend, denn alleine mit Berufung auf die Zwangsversteigerung kann nicht gekündigt werden. Auch in diesem Fall muss ein berechtigtes Interesse vorliegen – in Frage kommen auch dann nur Eigenbedarf und die Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung.
3. Kann es sein, dass die Kaution weg ist?
Das ist tatsächlich nicht ausgeschlossen, nämlich dann, wenn der Vermieter oder die Vermieterin die Mietsicherheit nicht – wie gesetzlich vorgeschrieben – getrennt vom sonstigen Vermögen angelegt hat. Dann fließt die Kaution in die Insolvenzmasse, und man bekommt unter Umständen nichts oder nur einen kleinen Teil zurück. In anderen Fällen besteht keine Gefahr. Mieter:innen sollten sich daher grundsätzlich zu Beginn des Mietverhältnisses die insolvenzsichere Anlage ihrer Kaution nachweisen lassen. Kommt der Vermieter dem nicht nach, hat der Mieter ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe der Kaution. Das heißt: Man kann die Kaution von den laufenden Mietzahlungen abziehen und selber anlegen, etwa auf ein Sparbuch.
Auf seiner Homepage hält der Berliner Mieterverein ein Musterschreiben bereit (siehe Musterschreiben Nr. 1).
4. Was ist mit einem möglichen Guthaben aus Betriebskostenabrechnungen?
Die fälligen Rückzahlungsbeträge sind meist verloren. Betriebskostenguthaben, die sich aus einem Abrechnungszeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergeben, gehören nämlich zur Insolvenzmasse. Das bedeutet: Mieter:innen müssen ihre Ansprüche, wie alle anderen Gläubiger:innen, zur sogenannten Tabelle anmelden. In der Regel wird man nur einen kleinen Teil davon zurückbekommen. Besonders bei befürchteter Insolvenz des Vermieters sollten Mieter:innen daher darauf pochen, dass die Vorschüsse angemessen und nicht überhöht sind.
5. Was ist zu tun, wenn Wasser, Gas oder Fernwärme abgestellt werden?
Zunächst einmal sind das Mängel, die zur Mietminderung berechtigen – bis zu 100 Prozent, wenn die Wohnung nicht mehr beheizbar ist oder nicht mit Wasser versorgt wird. Aber Achtung: Vor der Minderung unbedingt rechtlichen Rat einholen!

Illustration: Lisa Smith
Um die Liefersperre abzuwenden, sollten die Mieter.innen eine sogenannte Notgemeinschaft bilden. Alle Mietparteien eines Hauses zahlen die Betriebskostenvorschüsse dann auf ein Sonderkonto ein, um sie dann regelmäßig direkt an die Versorger zu überweisen. Gleichzeitig sollte man die Wohnungsaufsicht des Bezirks einschalten. Das Amt kann erforderlichenfalls die laufenden Kosten als Ersatzvornahme übernehmen und sich später vom Vermieter zurückholen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Bezirksämter sehr zögerlich vorgehen. Die Bildung einer Notgemeinschaft hat daher Priorität.
Auch hierzu gibt es auf der Homepage des BMV ein Musterschreiben (siehe Musterschreiben Nr. 2).
6. Wie geht es weiter, wenn ein Insolvenzverwalter übernommen hat? Ab wann muss ich die Miete an ihn zahlen?
Sobald ein Insolvenzverwalter eingesetzt wurde, ist dieser die alleinige Ansprechperson in allen Mietangelegenheiten. Mieten und sonstige Zahlungen aus dem Mietvertrag müssen dann auf das vom Insolvenzverwalter angegebene Konto gezahlt werden. Achtung: Unbedingt sämtliche Schreiben genau lesen und auf geänderte Kontoverbindungen achten! Zahlen Mieter:innen an den bisherigen Vermieter und wissen von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, kann das dazu führen, dass sie erneut zur Kasse gebeten werden. Die erste Zahlung wird dann Teil der Insolvenzmasse und ist verloren. Der Insolvenzverwalter ist übrigens auch zuständig für Mängelmeldungen und Nebenkostenabrechnungen, und er darf Mieterhöhungen geltend machen.
7. Dürfen Banken, das Finanzamt oder andere Gläubiger die Miete pfänden?
Nach Insolvenzeröffnung ist die Miete in aller Regel ausschließlich an den Insolvenzverwalter zu zahlen. In der Phase davor bekommt man in manchen Fällen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt mit der Aufforderung, die Miete auf ein angegebenes Konto zu zahlen. Wichtig ist in diesem Falle, dass man eine sogenannte Drittschuldnererklärung abgibt (siehe Musterschreiben Nr. 3). Denn pfändbar ist nur die Nettomiete, nicht aber die Betriebskosten. Geht der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über die gesamte Bruttomiete, sollte man dem widersprechen beziehungsweise verlangen, dass die Betriebskostenvorschüsse vom Gläubiger direkt an die Versorgungsunternehmen überwiesen werden (siehe Musterschreiben Nr. 3).

Illustration: Lisa Smith
8. Kann man während der Insolvenzverwaltung fordern, dass die Gastherme repariert oder der Schimmel in der Wohnung beseitigt wird?
Grundsätzlich ja: Der Insolvenzverwalter hat sämtliche Pflichten zur Instandhaltung und Mängelbeseitigung übernommen. Eine feste Obergrenze für die Reparatur gibt es nicht. In der Praxis kann es bei kostspieligen Investitionen, etwa einer notwendigen Heizungserneuerung, trotzdem zu Problemen kommen. Hier kann die Rechtsberatung weiterhelfen.
9. Was passiert mit meinen Anteilen, wenn eine Genossenschaft pleite geht?
Im Falle einer Insolvenz sind Genossenschaftsanteile verloren. Darüber hinaus haben viele Genossenschaften in ihrer Satzung eine Nachschusspflicht vereinbart. Dann müssen die Mieter:innen auch weitere Summen nachschießen. Misslingt der Rettungsversuch, ist auch dieses Geld verloren.

Illustration: Lisa Smith
10. Einmal die Sache andersherum betracht: Welche Folgen hat eine Privatinsolvenz des Mieters oder der Mieterin auf das Mietverhältnis?
Sobald ein Insolvenzantrag gestellt wurde – das Verfahren aber noch nicht eröffnet wurde – kann laut Paragraph 112 Insolvenzordnung (InsO) nicht mehr wegen Zahlungsverzug gekündigt werden. Das gilt auch dann, wenn der Mietvertrag ein Sonderkündigungsrecht bei Privatinsolvenz enthält. Eine solche Klausel ist unwirksam (§ 119 InsO).

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Diese Kündigungssperre wird jedoch aufgehoben, sobald der Insolvenzverwalter eine sogenannte Enthaftungserklärung abgibt. Damit erlangt der Mieter die Verfügungsbefugnis über das Mietvertragsverhältnis zurück (BGH vom 9. April 2014 – VIII ZR 107/13 –). Mit anderen Worten: Das Mietverhältnis nimmt dann nicht mehr am Insolvenzverfahren teil. Alle rechtlichen Ansprüche werden wie bisher zwischen Vermieter und Mieter abgewickelt.
Birgit Leiß
www.berliner-mieterverein.de/recht/infoblaetter/info-163-sperre-von-wasser-gas-strom-und-fernwaerme-wegen-zahlungsverzugs-des-vermieters-und-sicherung-der-kaution-mit-musterschreiben.htm
26.03.2025