Die Angebotsmieten rasen davon. Das ist eine alarmierende Erkenntnis aus dem Wohnungsmarktbericht der Investitionsbank Berlin (IBB). Für den Berliner Mieterverein (BMV) ist der „soziale Kipppunkt“ überschritten. Der Verband BBU folgert hingegen in seinem Marktbericht, dass die Mieten stärker erhöht werden müssten.

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Laut IBB lag die mittlere Angebotsmiete im Jahr 2024 bei 15,74 Euro pro Quadratmeter nettokalt. Das sind 12,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Von einer „deutlichen Dynamisierung“ spricht die Bericht-Verfasserin Geena Michelczak vom Institut Regiokontext. „In den letzten zwei Jahren ist die Angebotsmiete stärker angestiegen als in den acht Jahren zuvor.“ Sie liegt jetzt doppelt so hoch wie die ortsübliche Vergleichsmiete im Wohnungsbestand. In weiten Teilen der Innenstadt wurde sogar die 20-Euro-Schallmauer durchbrochen. Die Einkommensentwicklung hält nicht annähernd mit. Das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen beträgt 2575 Euro im Monat, jeder fünfte Haushalt muss mit weniger als 1500 Euro auskommen.
Bausenator Christian Gaebler (SPD) will vor allem mit dem Bau neuer Wohnungen gegensteuern und verweist darauf, dass 2024 erstmals die jährlich angestrebten 5000 Sozialwohnungen bewilligt wurden.
„Der Berliner Senat wäre gut beraten, nicht alles auf die Neubau-Karte zu setzen, sondern dem Schutz noch preisgünstiger Wohnungen ebenso große Priorität einzuräumen“, mahnt BMV-Geschäftsführerin Wibke Werner. „So schnell kann gar nicht gebaut werden, wie günstige Wohnungen vom Markt verschwinden.“
Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), in dem vor allem öffentliche und genossenschaftliche Unternehmen organisiert sind, versucht in seinem Marktmonitor die Lage weniger dramatisch darzustellen. Der Verband verzeichnet in seinen Berliner Wohnungen eine durchschnittliche Bestandsmiete von 6,85 Euro im vergangenen Jahr. Das ist ein Anstieg von 3,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Unsere Unternehmen haben sich in den letzten Jahren aus sozialer Verantwortung mit Mietanpassungen stark zurückgehalten“, erklärt BBU-Vorständin Maren Kern. „Angesichts der gleichzeitig extrem hohen Preissteigerungen bei Neubau-, Modernisierungs- und Sanierungsleistungen war das aber nicht mehr länger durchzuhalten.“ Es sei daher „notwendig, wieder stärker zu erhöhen“, so Kern.
Deutliche Mietsteigerungen bei den Anbietern
„Die durchschnittliche Bestandsmiete darf nicht über die besorgniserregende Dynamik in der Mietentwicklung hinwegtäuschen“, entgegnet Wibke Werner. Die Wiedervermietungsmieten sind beim BBU um 7 Prozent, im Neubau sogar um 15,6 Prozent gestiegen. „Die landeseigenen Wohnungsunternehmen gehören zu den letzten Garanten für eine bezahlbare Wohnraumversorgung“, erklärt Wibke Werner. „Sie dürfen aus dieser Verantwortung nicht entlassen werden.“
Jens Sethmann
Immobilienhandel nimmt wieder Fahrt auf
Der beim Senat angesiedelte Gutachterausschuss für Grundstückswerte hat erste Zahlen seines Immobilienmarktberichts 2024 vorgelegt. Nach den Rückgängen der letzten zwei Jahre sei der Berliner Immobilienmarkt „wieder im Aufwind“. 20.669 Käufe von Häusern, Grundstücken oder Eigentumswohnungen wurden 2024 vorgenommen – 18 Prozent mehr als 2023. Der Geldumsatz stieg dabei um 19 Prozent auf 14,74 Milliarden Euro. Das Preisniveau geht aber weiterhin zurück, bei Wohn- und Geschäftshäusern beispielsweise um 5 Prozent, bei reinen Mietwohnhäusern um 11 Prozent. „Offensichtlich sind die Verkäufer:innen mittlerweile zu Preisnachlässen bereit und beharren nicht mehr auf den vormals hohen Preisvorstellungen“, folgert der Gutachterausschuss.
js
IBB-Wohnungsmarktbericht 2024:
www.ibb.de/wohnungsmarktbericht
BBU-Marktmonitor 2024:
bbu.de/publikationen/bbu-marktmonitor-2024
Vorläufiger Bericht zum Berliner Immobilienmarkt 2024:
www.berlin.de/gutachterausschuss/
26.03.2025