Sie waren das Vorzeigeobjekt in Mitte: Die Townhouses am Friedrichswerder sollten den Kiez beleben und Familien Wohnung und Arbeitsräume zugleich bieten. Um Spekulationen vorzubeugen, dürfen die Häuser zehn Jahre lang nicht verkauft werden. Doch obwohl die Frist erst 2017 endet, wechselten schon etliche der Häuser die Besitzer. Sie sind längst Spekulationsobjekte geworden, vermutet der Mieter Aragon Schraga. Und wehrt sich gegen die Eigenbedarfsklage seines neuen Vermieters.
Eine kinderfreundliche Umgebung, eine gute Geschäftsadresse und ein neues dauerhaftes Zuhause hatten die Schragas gesucht, als sie mit ihrem kleinen Sohn 2006 einen Umzug von Mainz nach Berlin planten. In einem der Townhouses am Friedrichswerder in Mitte glaubten sie, ihre Traumwohnung gefunden zu haben. Die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte hier in bester Lage gemeinsam mit dem Berliner Liegenschaftsfonds und der Deutschen Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft (DSK) Grundstücke zu günstigen Preise verkauft, um Familien anzusiedeln. „Wohnen und Arbeiten im selben Haus“ hieß das Konzept, das zum ehrgeizigen Planwerk Innere Stadt gehörte. Um Immobilienspekulationen vorzubeugen, waren in die Kaufverträge zahlreiche Auflagen eingearbeitet. Die scheinbar wichtigste: eine Verkaufsklausel. Die attraktiven Townhouses sollten nicht vor Ablauf von zehn Jahren veräußert werden dürfen.
Für den Markenentwickler Aragon Schraga und seine Frau, eine Architektin, war dies eine wichtige Garantie: Sie mieteten eine Wohnung im Haus Caroline-von-Humboldt-Weg 22, und Aragon Schraga richtete sich hier auch sein Büro ein. Schließlich hatte ihm der Vermieter auch ein Vorkaufsrecht zugesichert, sollte er jemals an Verkauf denken.
Umso entsetzter war die Familie, als im Juni 2013 überraschend ein neuer Vermieter vor der Tür stand. Der kündigte den Schragas und einem zweiten Mieter im Haus sofort wegen Eigenbedarfs mit der Begründung, er wolle aus München nach Berlin ziehen und am Caroline-von-Humboldt-Weg seine Stadtwohnung einrichten. Gleichzeitig baute sich der Immobilienunternehmer gerade an der Havel in Kladow einen attraktiven Wohnsitz aus.
Aragon Schraga vermutet ganz andere Gründe hinter der Entmietung: „Hier wechseln gerade etliche Häuser den Besitzer – für ein Vielfaches der ursprünglichen Kauf- und Bausumme.“ Und der Wert der Townhouses steigt weiter.
„Aber die Zehnjahresfrist, die gesetzt wurde, ist noch längst nicht um“, so Schraga. „Wie kann ich aus einem Haus vertrieben werden, das überhaupt erst ab 2017 verkauft werden darf?!“ Von Senat und Liegenschaftsfonds hat er darauf keine Antwort erhalten. Nun will er die Sache juristisch ausfechten. Einfach so weichen, um Spekulanten Platz zu machen, kommt für ihn nicht in Frage.
Rosemarie Mieder
02.05.2015