Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung lud im vergangenen Monat zu einer Diskussion zum Thema Bürgerbeteiligung ein. Das „Stadtforum 2020“ stand unter dem Titel „Mit-mischen (im)possible? – Die Konstituierung der Stadtgesellschaft“ und zeigte unfreiwillig das ganze Elend der Bürgerbeteiligung in Berlin.
Heidi Sinning von der Fachhochschule Erfurt plädierte in ihrem Eingangsvortrag für eine „Bürgerstadt“, in der die Bürger zu „Mitgestaltern“ werden. Dazu müsse aber die Kommune Macht abgeben. Auf Bezirksebene ist schon einiges in Gang gekommen. In Neukölln hat sich trotz widriger Umstände eine Bürgerstiftung gegründet, in Lichtenberg gibt es seit diesem Jahr einen Bürgerhaushalt. „Das Abgeben von Macht und Einfluss geht noch nicht weit genug“, meint auch Senatorin Ingeborg Junge-Reyer. Doch gerade ihre Senatsverwaltung tut sich wie eh und je außerordentlich schwer, die Macht zu teilen.
Wer einmal an der formalen Bürgerbeteiligung eines Bebauungsplanverfahrens teilgenommen hat, weiß, wie sinnlos das ist. Krassestes Beispiel war wohl die Planaufstellung für den Alexanderplatz 1993, bei der die Meinung tausender Bürger, die sich gegen die Hochhausplanung ausgesprochen hatten, völlig missachtet wurde. Dass die Bewohner solche Veranstaltungen nur noch als Alibibeteiligung wahrnehmen, ist nicht verwunderlich.
Frustriert zeigte sich auf dem „Stadtforum“ auch die Initiative „Palastbündnis“, die sich beharrlich für eine weitere kulturelle Zwischennutzung des Rohbaus des Palastes der Republik eingesetzt hat. „Wir wurden völlig ignoriert“, beklagte sich eine Sprecherin des Bündnisses. Senatorin Junge-Reyer treibt indessen mit großem Eifer den Abriss voran, ohne dass der Neubau des Schlosses absehbar wäre. Die Kostenfrage, sonst immer gern als Totschlagargument genutzt, wischte sie vom Tisch: „Es ist manchmal besser, nicht zu fragen, ob man das Geld hat, und statt dessen alles daran zu setzen, die Visionen umzusetzen und das Geld dafür zusammenzubringen“, erklärte Junge-Reyer, als wäre das nicht schon allzu oft schief gelaufen – siehe Alexanderplatz. Zu einer weiteren Diskussion mit den zahlreich erschienenen Bürgern kam es dann nicht mehr – aus Zeitmangel.
Jens Sethmann
MieterMagazin 5/06
Stadtforum zur Bürgerbeteiligung: Tagungsmotto mit Ausrufe- statt Fragezeichen
Foto: Jens Sethmann
18.04.2013