Unter skrupellosem Entmietungsterror haben derzeit die Bewohner von zwei Häusern in Schmargendorf zu leiden. In den Zukunftsplänen ihres neuen Eigentümers kommen sie schlicht nicht mehr vor.
Dass ihnen nichts Gutes bevorsteht, ahnten die Mieter der Friedrichshaller Straße 42 und der Oeynhauser Straße 6. Denn die Firma „Belle Epoque“, die die einfachen Nachkriegsbauten Anfang 2007 gekauft hatte, war vor einigen Jahren schon in der Choriner Straße 33 durch rüde Entmietungsmethoden aufgefallen.
In den Einzimmerwohnungen wohnen viele Sozialhilfeempfänger sowie ältere Menschen. Mittlerweile sind fast alle Wohnungen leer. „Die meisten hatten große Angst und sind Hals über Kopf ausgezogen“, sagt eine Mieterin. Erstes Opfer der Vertreibung war der Hausmeister, der mit der Dienstwohnung auch gleich seinen Job verlor. Alarmiert von diesen Vorgängen, organisierte die Bezirksgruppe Charlottenburg-Wilmersdorf beim Berliner Mieterverein Ende Januar eine Mieterversammlung – ganz zufällig lud der neue Eigentümer daraufhin zur gleichen Zeit zu einem „kleinen Imbiss“ und stellte seine Pläne vor. Der Geschäftsführer von Belle Epoque, Torsten Nehls, machte den Mietern unmissverständlich klar, dass sie weg müssen. Die Friedrichshaller Straße 42 soll abgerissen werden, durch den geplanten Neubau soll die Lücke zum Grundstück Oeynhauser Straße geschlossen werden.
„Ein beispielloser Fall von Mietervertreibung“, empört sich Otto Eigen, Leiter der BMV-Bezirksgruppe. Offenbar sei ein „nasser Abriss“ im Gang: Die Fenster der leer stehenden Wohnungen stehen ständig offen, so dass der Regen ungehindert eindringen kann. Seit die Verblendungen an der Holzkonstruktion abgerissen wurden, ist das Mauerwerk feucht. Vor einigen Wochen wurde dann noch die Dachkantenabdeckung entfernt – und landete prompt auf dem Balkon einer der wenigen noch verbliebenen Mieter. Besonders skandalös: Im Haus wohnen noch zwei pflegebedürftige ältere Damen, die unter diesen Zuständen besonders leiden. Um deren Wohnungen freizubekommen, ließ sich Belle Epoque etwas Besonderes einfallen. Der ehemalige Hausmeister, der eine der Damen pflegt, erhielt ein Hausverbot, unter anderem weil er sein Motorrad auf dem Hof abstellte. Die Seniorin wiederum wurde wegen unerlaubter Untervermietung abgemahnt, weil die Pflegeperson einen Hausschlüssel hatte.
Bezirksbaustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU) will nun die Bauaufsicht einschalten. „Solange noch Mieter da wohnen, darf natürlich nicht abgerissen werden, und es dürfen auch keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden“, erklärt Gröhler. Die Belle Epoque war zu keiner Stellungnahme bereit.
Birgit Leiß
MieterMagazin 5/07
Die Dachkantenabdeckung landete auf dem Balkon eines der letzten Mieter
Foto: Otto Eigen
17.07.2013