Die Visionen Albert Speers für das von Hitler beauftragte neue Weltmachtzentrum an der Spree bedeuteten bereits vor dem Krieg einschneidende Veränderungen in der Berliner Stadt- und Bevölkerungsstruktur.
Die jüngst vom Verein Berliner Unterwelten zusammengetragene Ausstellung „Mythos Germania“ zeichnet ein kritisches Bild des von Hitler ernannten „Generalbauinspektors für die Reichshauptstadt“, der sich zu Lebzeiten gern zum unpolitischen Künstlerarchitekten stilisierte. So ist bis heute wenig bekannt, dass Speer selbst die Entsiedelung der für den Bau des neuen Machtzentrums vorgesehenen Areale vorantrieb. Zur Realisierung großflächiger, am Reißbrett entstandener Aufmarschachsen wichen gewachsene Altbaustrukturen der Abrissbirne. Da nicht genügend Ersatzwohnraum zur Verfügung stand, schlug Speer kurzerhand vor, die Deportationen der Berliner Juden zu beschleunigen, um so Kapazitäten auf dem Wohnungsmarkt zu schaffen. Unweit der historischen Lage von Führerbunker und Reichskanzlei, mit Blick auf das Stelenfeld, das den ermordeten Juden gewidmet ist, gewinnt der Ausstellungsbesucher so auch neue Perspektiven auf den Zynismus des Dritten Reiches.
Elke Koepping
MieterMagazin 5/08
Mythos Germania.
Schatten und Spuren der Reichshauptstadt,
Ausstellung bis zum 31. Dezember 2008,
täglich von 11 Uhr bis 19 Uhr,
Eintritt: 6 Euro, ermäßigt 4 Euro,
Pavillon Gertrud-Kolmar-Straße 14,
am Mahnmal für die ermordeten Juden Europas.
Weitere Informationen:
www.berliner-unterwelten.de
11.07.2013