Der Berliner Senat hat dem geplanten Börsengang des Wohnungsunternehmens GSW den Weg geebnet. Berlin erhält 30 Millionen Euro von den GSW-Eignern, den US-Finanzinvestoren Cerberus und Whitehall, diese dürfen im Gegenzug mehr als 49 Prozent des Wohnungsunternehmens an der Börse platzieren.
Im Jahr 2004 hat das Land Berlin das landeseigene Wohnungsunternehmen GSW mit einem Bestand von rund 65.000 Wohnungen an die US-Investoren Cerberus und Whitehall verkauft. Das brachte dem Berliner Haushalt 405 Millionen Euro. Die Verkäufe von Versorgungs- und Wohnungsunternehmen der öffentlichen Hand an private Investoren galten seinerzeit nicht nur in der Hauptstadt als Mittel der Wahl, um die klammen öffentlichen Kassen zu füllen.
Die GSW-Eigentümer vereinbarten mit dem Senat damals, bestimmte Mieterschutzbedingungen bis zum Jahr 2014 einzuhalten und keine Veräußerung von GSW-Anteilen über 49 Prozent hinaus ohne Zustimmung des Landes vorzunehmen.
Aufgrund der Immobilien- und Finanzkrise der vergangenen beiden Jahre haben nunmehr diverse Geldgeber des amerikanischen Investorenkonsortiums offenbar einen Liquiditätsengpass und wollen ihre Beteiligungen abstoßen. Das hat die GSW-Eigentümer zu dem Vorhaben veranlasst, das Wohnungsunternehmen an die Börse zu bringen, nach Möglichkeit über die erlaubten 49 Prozentanteile hinaus. Die Zustimmung hierzu hat sich der Berliner Senat nun für 30 Millionen Euro abkaufen lassen.
Dieser Deal ist auf Kritik von vielen Seiten gestoßen. Die Berliner CDU mutmaßt, dass sich Berlin seine Zustimmung viel zu preiswert hat abhandeln lassen. Der wohnungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Albert Weingartner, führt an, dass der Senat in der Vergangenheit schon mehrfach Verträge zum Nachteil des Berliner Steuerzahlers abgeschlossen habe.
Substanzlos sind diese Vorwürfe nicht: Die GSW hat allein im Jahr 2009 einen Betrag von 447 Millionen Euro an die Investoren ausgeschüttet – deutlich mehr, als diese vor sechs Jahren für die Übernahme bezahlt haben. Der Wert des Unternehmens wird mittlerweile auf rund 900 Millionen Euro taxiert.
Der Berliner Mieterverein (BMV) hält den Börsengang insgesamt für einen wohnungspolitischen Schritt in die falsche Richtung. BMV-Geschäftsführer Reiner Wild: „Mit den Zielen einer nachhaltigen Bewirtschaftung und langfristig sozialverträglicher Mieten ist das nicht vereinbar.“ Die Renditeerwartung der Aktionäre werde enormen Druck auf das Unternehmen ausüben, die Dividende würden die 130.000 GSW-Mieter in Form höherer Mieten, unterlassener Instandsetzungen und eines schlechteren Verwaltungs-Service bezahlen. Richtig wäre vielmehr gewesen, sich durch einen Rückkauf von Anteilen an dem Wohnungsunternehmen wieder ein Mitspracherecht zu sichern.
Nach der Zustimmung des Abgeordnetenhauses zum Börsengang der GSW wird nun die wohnungspolitisch schlechteste der denkbaren Lösungen zum Zuge kommen. Und auch dabei habe der Senat – so der Mieterverein – wenig auf seiner Seite zu verbuchen. Er hätte das Unternehmen mindestens auf eine Festschreibung der einstmals verhandelten Mieterschutzbedingungen über das Jahr 2014 hinaus verpflichten können.
Udo Hildenstab
MieterMagazin 5/10
Nach den Heuschrecken die Aktionäre:
Der Renditedruck bleibt
Foto: Christian Muhrbeck
02.06.2013