Die nukleare Katastrophe in Japan hat ein Umdenken bewirkt: Weite Teile von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft sagen „Nein danke!“ zur Atomenergie. Selbst der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), dem die vier großen deutschen Stromanbieter Eon, RWE, EnBW und Vattenfall Europe angehören, fordert inzwischen einen vollständigen Ausstieg aus der Kernenergie bis 2020. Die Macht der vier Energieriesen, die die 17 deutschen Atomkraftwerke betreiben, kommt ins Wanken. Doch die Vier stemmen sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen eine Energiewende. Der Grund: So leicht wie mit den Atommeilern lässt sich wohl nie mehr Geld verdienen. Die Gefährdung ihrer Kunden durch die riskante Technik nehmen sie dabei in Kauf.
Trotz Liberalisierung des Strommarktes im Jahr 1998 teilen sich Eon, RWE, EnBW und Vattenfall Europe auch heute noch gut 80 Prozent des Stromabsatzmarktes. Mehr als 1000 Stromanbieter agieren heute auf dem deutschen Markt. Die meisten sind über Beteiligungen oder Tochterfirmen mit den vier Energieriesen verflochten, wirklich unabhängig ist nur eine Handvoll. Dabei haben Verbraucher einen Hebel, um an der Macht der großen Vier zu rütteln und im Kleinen an der Energiewende mitzuwirken: indem sie sich für grünen Strom von einem unabhängigen Anbieter entscheiden. Noch immer bleibt die Mehrzahl der Haushaltskunden jedoch ihrem Grundversorger treu, also dem Unternehmen, das die meisten Haushaltskunden in einem Netzgebiet mit Strom beliefert – in Berlin Vattenfall Europe. Laut aktuellem Monitoringbericht der Bundesnetzagentur haben bis einschließlich 2009 nur knapp 14 Prozent der Haushaltskunden ihren Stromlieferanten gewechselt, gut 41 Prozent lediglich einen anderen Vertrag bei ihrem Grundversorger abgeschlossen.
Seit der atomaren Katastrophe in Japan macht sich unter den Verbrauchern allerdings eine deutliche Wechselstimmung breit und vor allem Ökostromanbieter verzeichnen ungeahnt viele Neukunden. Ende 2010 bezogen schätzungsweise fünf Prozent der Haushalte Ökostrom. Inzwischen dürfte der Anteil gestiegen sein. „Wir schließen derzeit etwa zehn Mal mehr Verträge ab als vor der nuklearen Katastrophe, sprich: bis zu 1600 statt 130 pro Tag“, sagt Tim Loppe, Sprecher des unabhängigen Ökostromanbieters Naturstrom. „Greenpeace Energy“ spricht von einer Verzehnfachung, die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) von einer Verachtfachung und „Lichtblick“ von einer Verdreifachung des normalen Kundenaufkommens. „Die Ereignisse in Japan wirken nach unseren Kundengesprächen der letzten Wochen offenbar wie ein Weckruf auf viele Verbraucher, die schon seit längerem mit dem Wechsel zu Ökostrom sympathisieren, diesen aber bisher nicht vollzogen haben“, so Lichtblick-Sprecher Ralph Kampwirth. Lieferengpässe befürchtet deshalb aber keiner der vier Ökostromer. „Wir haben noch genügend Kapazitäten, um den Zuwachs zu decken“, sagt etwa Waltraud Behringer von den EWS.
Beschaffungspreise sinken, Verbraucherpreise steigen
Mit der Öffnung der Energiemärkte für den Wettbewerb verband sich seinerzeit auch die Hoffnung auf günstigere Strompreise. Die sind jedoch kontinuierlich und seit 2009 besonders stark gestiegen: von durchschnittlich knapp 14 Cent im Jahr 2000 auf gut 24 Cent pro Kilowattstunde derzeit. Allein Anfang dieses Jahres haben einige hundert Stromanbieter ihre Tarife um durchschnittlich sieben Prozent erhöht und das mit der gestiegenen Abgabe zur Förderung von Ökostrom begründet. Dass diese EEG-Umlage in den letzten beiden Jahren tatsächlich nach oben gegangen ist – Anfang dieses Jahres um rund 1,5 Cent auf nun 3,53 Cent pro Kilowattstunde – hängt damit zusammen, dass insgesamt immer mehr grüner Strom erzeugt wird und vergütet werden muss. In einer Analyse von Februar 2011 legt das Umweltbundesamt (UBA) jedoch detailliert dar, dass sich die aktuellen Strompreiserhöhungen nicht mit der EEG-Umlage begründen lassen. Auch dank Ausbau der Erneuerbaren würden nämlich die Preise an der Strombörse sinken und die Unternehmen somit für die Strombeschaffung weniger zahlen. „Viele Stromversorger reichten diese Kosteneinsparungen nicht an die Stromverbraucher weiter“, kritisiert UBA-Sprecher Martin Ittershagen. „Dies zeigt, dass der Wettbewerb auf dem Strommarkt für Endkunden nur unzureichend funktioniert.“ Das wiederum bestätigte auch das Bundeskartellamt im Januar in einer Untersuchung zur Preisbildung auf dem deutschen Strommarkt in den Jahren 2007 und 2008: Zwar könne den Energiekonzernen keine Preistreiberei durch vorübergehendes Abschalten von Kraftwerken nachgewiesen werden. Gänzlich ausschließen wollten die Wettbewerbshüter solche Machenschaften allerdings nicht.
Die Einflussmöglichkeiten der vier Energieriesen zeigten sich auch im September 2010 beim Ausstieg aus dem Atomkonsens. Im Jahr 2000 hatten sich die damalige rot-grüne Bundesregierung und die Kernkraft-Betreiber darauf geeinigt, für jedes deutsche Atomkraftwerk bis zu seiner endgültigen Abschaltung sogenannte Reststrommengen festzuschreiben. Dabei wurde eine Regellaufzeit von 32 Jahren pro Meiler zugrunde gelegt. Zudem sollten Reststrommengen von einem Atomkraftwerk auf ein anderes übertragen werden können. Danach hätten die letzten Kernkraftwerke im Jahr 2020 vom Netz gehen müssen. Die schwarz-gelbe Regierung kippte diesen zwischen den Beteiligten bereits vereinbarten Atomkonsens und gewährte eine Laufzeitverlängerung um durchschnittlich zwölf Jahre. Umweltschutzorganisationen wie der Naturschutzbund Deutschland (NABU) oder Greenpeace warfen der Bundesregierung daraufhin Klientelpolitik für die Atomlobby vor. Die Regierung selbst stellte die Laufzeitverlängerung als großen Wurf dar: 50 Prozent der dadurch anfallenden zusätzlichen Gewinne der Kraftwerksbetreiber sollten in eine Brennelementesteuer sowie auf freiwilliger Basis in einen Fonds zur Förderung erneuerbarer Energien fließen. In einem Kurzgutachten widersprach das Öko-Institut allerdings dieser optimistischen Einschätzung: Von den zu erwartenden Zusatzgewinnen der Kraftwerksbetreiber in Höhe von knapp 127 Milliarden Euro würde in Wirklichkeit nur ein Viertel abgeschöpft.
Seit den Ereignissen in Japan rudert die Bundesregierung in punkto Kernenergie wieder zurück: Bereits am 14. März verkündete Kanzlerin Angela Merkel, dass die sieben ältesten Kernkraftwerke für drei Monate abgeschaltet und einer intensiven Sicherheitsprüfung („Stresstest“) unterzogen werden. Wie sie getestet werden, bestimmt die Reaktorsicherheitskommission, in der nur leider neben Wissenschaftlern und TÜV-Experten auch die Atombefürworter der Energiekonzerne sitzen. Juristen wie der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier gehen zudem davon aus, dass dieses dreimonatige Moratorium ohne Änderung des Atomgesetzes keine Rechtsgrundlage hat. Prompt reichte die Betreibergesellschaft RWE Power AG Klage gegen die vorübergehende Stilllegung ihrer beiden Reaktorblöcke in Biblis vor dem Verwaltungsgerichtshof in Kassel ein. Papier räumt Deutschlands zweitgrößtem Energiekonzern gute Erfolgsaussichten ein. § 19 des Atomgesetzes, auf den sich die Regierung beruft, greife nur bei einem rechtswidrigen Zustand oder einer akuten Gefährdung.
Auch der größte Energiekonzern Eon hält das Moratorium für rechtlich bedenklich und verweist auf den dadurch verursachten Schaden für seine Aktionäre. „Die Stilllegung kostet uns in den drei Monaten einen dreistelligen Millionenbetrag“, sagt Christian Drepper, Sprecher von Eon Climate & Renewables. Doch offensichtlich weiß das Unternehmen, dass es im Glashaus sitzt. Drepper: „Ein Konfrontationskurs würde symbolisches Kapital vernichten.“ Deshalb will Eon auf eine Klage gegen das Moratorium verzichten.
Der drittgrößte Energiekonzern EnBW saß zu Redaktionsschluss noch an der juristischen Prüfung. „Auf der Basis der Ergebnisse dieser Prüfung werden wir dann unsere Entscheidung treffen“, so EnBW-Sprecher Ulrich Schröder. Der Vierte im Bunde, Vattenfall Europe, hält sich bedeckt. „Wir geben dazu keine Stellungnahme ab“, so Sprecher Steffen Herrmann. Einig sind sich die Atomkonzerne in einem anderen Punkt: Für die Zeit des Moratoriums setzen sie die Zahlungen in den Fonds zur Förderung erneuerbarer Energien – monatlich zusammen knapp neun Millionen Euro – komplett aus.
Versorgung auch ohne AKWs gesichert
Dass in Deutschland in Folge des Moratoriums die Lichter ausgehen, ist nicht zu befürchten. Vor der Stilllegung der sieben Meiler wurden im Saldo pro Tag durchschnittlich 3500 Megawattstunden Strom exportiert, was in etwa der Kapazität von drei Kernkraftwerken entspricht. Das Öko-Institut legt in einer für den WWF Deutschland erstellten Kurzanalyse dar, „dass der deutsche Strommarkt auf die vergleichsweise schnelle Stilllegung der sieben ältesten Kernkraftwerke in naher Zukunft weitgehend vorbereitet war und schon aus diesem Grund aus der kurzfristigen Stilllegung dieser Anlagen keine signifikanten Probleme hinsichtlich Versorgungssicherheit oder Preisverwerfungen zu erwarten waren oder sind.“ Selbst im Falle eines beschleunigten Ausstiegs aus der Kernenergienutzung stünde kurzfristig ausreichend Ersatzenergie zur Verfügung. Allein rund 20 neue Erdgaskraftwerke und zehn Offshore-Windparks werden in den nächsten fünf Jahren ans Netz gehen, rechnet Greenpeace vor. 50 Gigawatt zusätzliche Kapazitäten an Solar- und Windstrom kämen noch hinzu. Der Atomausstieg sei deshalb ohne Versorgungslücken bis 2015 machbar. Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes (UBA) kann Deutschland schon jetzt ohne Probleme auf neun Kernkraftwerke verzichten. Das UBA hält einen kompletten Atom-Ausstieg bis 2017 für möglich. Weitere als die ebenfalls bereits geplanten Kohlekraftwerke müssten dafür nicht gebaut werden, wohl aber deutlich mehr Öko- und effiziente Blockheizkraft- und Gaskraftwerke.
Es riecht nach Panikmache
Auch die nicht zuletzt von den Energiekonzernen geschürte Angst, durch die vorübergehende Abschaltung von Atomkraftwerken könnten wegen zusätzlicher Stromimporte die Energiepreise in die Höhe schießen, riecht nach Panikmache. Zwar sind die Preise an der Strombörse seit Mitte März gestiegen, sie bewegen sich aber noch im normalen Schwankungsbereich. Zudem vereinbaren die Versorger bei der Beschaffung des Haushaltskundenstroms in der Regel Lieferverträge, die bis zu drei Jahre im Voraus abgeschlossen werden, wie das Öko-Institut betont. Dadurch entsteht für die Stromversorger eine kalkulierbare Situation und eine überschaubare Abhängigkeit von aktuellen Marktpreisen. Dass derzeit mehr Strom importiert wird als vor den AKW-Abschaltungen, hält das UBA für marktbedingt: Die Stromhändler würden sich lediglich mit dem billigsten verfügbaren Strom eindecken, so UBA-Energie- und Klimaexperte Harry Lehmann. „Deutschland ist nicht auf Stromimporte aus Frankreich oder anderen Ländern angewiesen, sondern könnte sich komplett selbst versorgen.“
Über das Moratorium hinaus ringt die schwarz-gelbe Bundesregierung derzeit darum, wie lange die deutschen AKW nun tatsächlich noch laufen sollen. Obwohl die vier Atomkonzerne mittlerweile auch mehr oder weniger stark in erneuerbare Energien investieren, wollen sie einen frühzeitigen Atomausstieg nicht einfach hinnehmen. Warum, verdeutlicht ein Blick auf die Zahlen: Kernenergie gilt als besonders preisgünstig – aufgrund von direkten und indirekten Subventionen in Milliardenhöhe. Greenpeace rechnet in einer Studie vor, dass jede Kilowattstunde Atomstrom mit 4,3 Cent bezuschusst wird – in Form von direkten Finanzhilfen des Bundes, Kosten für Atommüllendlager, die Stilllegung der ostdeutschen Atommeiler, Steuervergünstigungen sowie Zusatzeinnahmen durch den Emissionshandel.
Ein Kraftakt auf mehreren Ebenen
Die drei Konzerne Eon, RWE und EnBW haben laut einer Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlands allein 2009 zusammen 23 Milliarden, seit 2002 insgesamt mehr als 100 Milliarden Euro Gewinn eingefahren. Als börsennotierte Unternehmen haben sie in erster Linie die Gewinnerwartungen ihrer Aktionäre im Kopf, wie die Klage von RWE zeigt. Erfolgreiche Schadenersatzklagen der vier Atomkonzerne bei einem vorgezogenen Atomausstieg käme die Bundesbürger teuer zu stehen.
Ohnehin ist die Energiewende ein Kraftakt auf mehreren Ebenen: Der Ausbau der Erneuerbaren erfordert zunächst milliardenschwere Investitionen, die sich erst langfristig rechnen. Effiziente Speichertechnologien müssen entwickelt und gebaut werden, damit zum Beispiel bei stürmischem Wetter Windräder nicht abgeschaltet werden müssen, weil sie mehr Strom erzeugen, als das Netz fassen kann. Tausende Kilometer neuer Stromnetze müssen verlegt werden, um den grünen Strom durch die Republik zu transportieren. Nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) wird der beschleunigte Umbau der Energiesysteme in den kommenden zehn Jahren insgesamt bis zu 200 Milliarden Euro kosten. Auf der anderen Seite hat Deutschland laut Agentur für Erneuerbare Energien allein im letzten Jahr rund 65 Milliarden Euro für den Import von Erdöl, Steinkohle, Erdgas und Uran ausgegeben. Diese Importe würden bei einem vollständigen Umstieg auf erneuerbare Energien wegfallen.
Nach Ansicht von Energieexperten gibt es keine Alternative zum regenerativen Umbau des Energiesystems. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) fordert, bis 2050 nicht nur weltweit auf Atomkraft, sondern auch auf Energie aus Kohle, Öl und Gas zu verzichten. Für diesen Umbau seien im Vergleich zum „Weiter-so“ global zwar allein bis 2030 etwa 1000 Milliarden US-Dollar pro Jahr notwendig, doch: „Diesen Investitionen stehen zeitversetzt Einsparungen in ähnlicher Größenordnung sowie die Vermeidung der immensen Kosten eines gefährlichen Klimawandels gegenüber.“ Laut UBA kann bei einem Atomausstieg bis 2020 der gesamte Strombedarf Deutschlands bis 2050 aus regenerativen Quellen gedeckt werden. Dabei seien für Verbraucher keine wesentlich höheren Kosten durch die Energiewende zu erwarten. Auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), offizieller Berater der Bundesregierung, hält eine vollständige erneuerbare Stromversorgung in Deutschland bis 2050 für möglich – ohne AKW-Laufzeitverlängerung und ohne zusätzliche neue Kohlekraftwerke. Denn beides schaffe Überkapazitäten und damit letztlich hohe volkswirtschaftliche Kosten und Investitionsrisiken für die erneuerbaren Energien.
Eine regenerative Energiewende wird allerdings auch das Landschaftsbild verändern. Der Bau von Windrädern, überirdischen Stromleitungen oder riesigen Pumpspeicherkraftwerken stößt schon jetzt in manchen Regionen auf erbitterten Widerstand von Naturschützern und betroffenen Bürgern. Doch ohne breite Akzeptanz in der Bevölkerung ist die Energiewende schwer vorstellbar. Ein Beispiel: Laut Netzstudie II der Deutschen Energie-Agentur (Dena) würden die bis 2020 zusätzlich notwendigen 3600 Kilometer Freileitungen 9,7 Milliarden Euro kosten. Würden stattdessen Erdkabel verlegt, wie in betroffenen Regionen von Bürgerinitiativen gefordert, würden die Kosten auf 22 bis 29 Milliarden Euro steigen. Ob und wann die Energiewende gelingen wird und wie ernst das „Nein“ zur Atomkraft tatsächlich gemeint ist, wird sich deshalb auch vor der eigenen Haustür zeigen.
Kristina Simons
Die private Energiewende
Rein physikalisch kommt zwar auch bei Ökostrom-Kunden nicht automatisch grüner Strom aus der Steckdose, sondern der, der im nächsten Kraftwerk erzeugt wird. Wie wichtig der Wechsel zu Ökostrom dennoch ist, veranschaulicht das Bild des „Stromsees“: In ihn speisen sämtliche Kohle-, Atom- und Ökostrom-Erzeuger ihre Energie ein. Der See muss immer den gleichen Wasserstand – also die gleiche verfügbare Strommenge – aufweisen. Je mehr Ökostrom bezogen und damit aus dem See entnommen wird, desto mehr muss dieser auch wieder nachgefüllt werden. Grüner Strom verdrängt dann konventionellen. Die erneuerbaren Energien haben im Jahr 2010 bereits rund 17 Prozent zur deutschen Stromversorgung beigetragen und damit viermal mehr als 1990. Der Atomenergie-Anteil lag 2010 bei 23,3 Prozent.
ks
Nicht immer drin, was drauf steht
Der Begriff Ökostrom ist nicht geschützt. Verbraucher sollten deshalb darauf achten, dass der grüne Strom aus modernen Ökokraftwerken stammt oder ein Teil des Strompreises in deren Bau investiert wird. Mehr als die Hälfte der Stromversorger in Deutschland haben inzwischen grüne Stromangebote im Portfolio, inklusive die vier Stromriesen und viele Stadtwerke. Wirklich unabhängig sind allerdings nur die vier Ökostromanbieter EWS, Greenpeace Energy, Lichtblick und Naturstrom. Hinter den anderen Anbietern stehen über Beteiligungen und Tochterunternehmen letztlich doch wieder die Betreiber von Kohle- oder Atomkraftwerken.
Vorsicht vor Mogelpackungen auf dem Ökostrommarkt: Der Energiewissenschaftler Uwe Leprich weist in einer Studie für Greenpeace nach, dass viele Ökostrom-Geschäftsmodelle lediglich auf dem Handel mit Herkunfts-Nachweisen zur Kennzeichnung von Strom aus erneuerbaren Energien basierten, etwa RECS-Zertifikaten („Renewable Energy Certificate System“). So könne ein deutsches Stromunternehmen zum Beispiel in Skandinavien billige Zertifikate für Öko-Strom aus Wasserkraft kaufen und damit dann in Deutschland konventionellen zu Öko-Strom umdeklarieren.
ks
Effizienz ist die beste Spardose
Eine bemerkenswerte Rechnung haben Anfang April das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie und die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) aufgestellt: Allein durch einen effizienteren Umgang mit Strom und Wärme, etwa durch konsequenteres Energiesparen und energieeffizientere Technologien, könnten bis 2020 alle bestehenden Atomkraftwerke überflüssig oder ersetzt werden – ohne zusätzliche Energieimporte und CO2-Emissionen.
ks
Nützliche Links
Tarifrechner im Internet:
Zertifizierung von grünem Strom:
MieterMagazin 5/11
Lesen Sie auch zu diesem Thema:
Nicht immer drin,
was drauf steht
Effizienz ist die beste Spardose
Der Vattenfall-Atommeiler in Krümmel machte mit diversen Störfällen in jüngster Zeit von sich reden
Foto: Vattenfall
Das Kernkraftwerk Isar 2 (hier: das Maschinenhaus) war für den Betreiber Eon wie eine Lizenz zum Gelddrucken: Es gilt als eines der leistungsstärksten der Welt
Foto: Eon Kernkraft
Foto: EnBW/Bernd Franck
Waren abgeschrieben, aber nicht abgeschaltet: Die Kernkraftwerke Neckarwestheim (oben, Betreiber EnBW) und Biblis (unten, RWE) sind zwei der älteren deutschen Atommeiler
Foto: RWE
Über 100 Milliarden Euro Gewinn haben Deutschlands Atomstrom-Bosse in den letzten zehn Jahren eingefahren:
RWE-Vorstandsvorsitzender Dr. Jürgen Großmann
Foto: RWE
EnBW-Vorstandsvorsitzender Hans-Peter Villis
Foto: EnBW/Rüdiger
Pieter Wasmuth, Vattenfall-Generalbevollmächtigter für Hamburg und Norddeutschland
Foto: Vattenfall
Dr. Johannes Teysson, Eon-Vorstandsvorsitzender
Foto: Andreas Pohlmann/Eon
Die Energiewende erfordert einen Ausbau der Versorgungsleitungen – eine Investition, die sich auf Dauer rechnet
Foto: Eon Energie
Pumpspeicher- kraftwerke versorgen das Netz bei Stromerzeu- gungsengpässen – Anrainer müssen mit den unschönen Staumauern zu leben lernen
Foto: Rolf Sturm/Eon
Die Energiewende wird möglicherweise einen Rückgriff auf die Kohle erfordern – doch effiziente Filtertechnik kann die CO2-Belastung eindämmen
Foto: Peter Schaffrath/Eon
Die Zukunft der Energieversorgung hat bereits begonnen:
Off-Shore-Windräder in der Nordsee
Foto: Eon
Biomassekraftwerk
Foto: Gavin Young/Eon
Solarthermische Anlage
Foto: Abengoa
30.01.2022