Kleine Wohnungen für kleine Einkommen sollten beim Umbau eines leer stehenden Bürohauses an der Frankfurter Allee in Lichtenberg entstehen. Doch beim Vermietungsstart am 1. April waren die als Discount-Wohnungen beworbenen Apartments plötzlich gar nicht mehr so billig.
Kleine und bezahlbare Mietwohnungen fehlen in Berlin, doch gebaut werden seit Jahren fast nur größere Eigentumswohnungen für den Mittelstand. „Wir bringen den Wohnraum zu den Menschen, die bisher vergessen wurden“, erklärten die Macher von „Q 216“. Unter diesem Namen wird der neungeschossige Block Frankfurter Allee 216 zum Wohnhaus umgebaut. Das schmutzig-graue, 140 Meter lange Gebäude wurde zuletzt von der Deutschen Bahn genutzt und liegt für das Wohnen nicht gerade ideal – vorn die sechsspurige Straße und eine Tankstelle, hinten das Gleisfeld des Bahnhofs Lichtenberg -, aber immerhin verkehrsgünstig.
Die Gesellschaft für Immobilien-Projektentwicklung und Unternehmensberatung (GPU) aus dem Westerwald baut hier für 15 Millionen Euro 438 kleine Wohnungen ein. Auf jede Etage passen 47 Einzimmer-Apartments mit je 22 bis 40 Quadratmetern. Die Bauherren haben sich dabei das „Discounter-Prinzip“ zum Vorbild genommen: günstige Ware in verlässlicher Qualität ohne Schnickschnack. Insbesondere Studenten und Auszubildende mit einem Einkommen unter 1000 Euro sowie alleinstehende Sozialhilfeempfänger sollen angesprochen werden.
Als jedoch am 1. April für die im Herbst bezugsfertigen Wohnungen die Vermietung startete, wurden plötzlich Warmmieten von 11,80 bis 14,10 Euro pro Quadratmeter aufgerufen, dazu wird mit hochwertigen Bodenbelägen und Badezimmern geworben. Eine Abkehr vom Discounter-Prinzip sei das nicht, erklärt Makler Thomas du Chesne: „Die Wohnungen sind bezahlbar über die Größe.“ Eine extrem kleine 22-Quadratmeter-Wohnung kostet 299 Euro warm. Von Studenten habe er schon „Anfragen ohne Ende“, so du Chesne. Die 572 Euro Warmmiete für eine 40-Quadratmeter-Wohnung übernimmt jedoch kein Jobcenter für einen Einpersonenhaushalt. Die Wohndiscount-Idee ist gut, das Ziel wurde jedoch um einiges verfehlt.
Jens Sethmann
MieterMagazin 5/12
Kleinwohnungsbau zwischen vielbefahrener Straße und Bahntrasse:
Frankfurter Allee 216
Foto: Sabine Münch
19.03.2013