Eine kleinteilige, abwechslungsreiche und durchmischte Bebauung sollte an der Lehrter Straße entstehen. Doch entgegen dieser Zusage verkaufte das Unternehmen „CA Immo“ das ehemalige Bahngelände als Ganzes an die Bauunternehmensgruppe Groth. Diese will dort nun eine dichte Wohnbebauung samt Hochhäusern errichten – sehr zum Ärger der Anwohner.
Im sogenannten Mittelbereich der Lehrter Straße – die mit Kleingärten und Gewerbebetrieben belegten Flächen gegenüber dem Poststadion – sollte eigentlich kein öder, einförmiger Block aus einem Guss entstehen. Im städtebaulichen Gutachterverfahren hatte der Eigentümer CA Immo (vormals: Vivico) auch auf Drängen des Betroffenenrats Lehrter Straße zugesagt, Genossenschaften und Baugruppen die Möglichkeit zu geben, Grundstücke zu erwerben.
Doch im Dezember veräußerte CA Immo das ehemals bahneigene Gelände en bloc an die Groth-Gruppe. Klaus Groth, der übriggebliebene Urtyp des West-Berliner Baulöwen, möchte dort für 250 Millionen Euro 700 Wohnungen bauen. Das Nutzungskonzept, das Groth im März dem Stadtentwicklungsausschuss des Bezirks Mitte vorgestellt hat, sieht je zur Hälfte Miet- und Eigentumswohnungen vor. Die Eigentumswohnungen sollen an der Lehrter Straße entstehen, während die Mietwohnungen dahinter an der lauten Bahnstrecke liegen würden. Groth will die Wohnungen in einem „gehobenen Standard“ errichten, lediglich im nördlichen Teil ist auch Platz für einen „mittleren Standard“. Nur 100 Wohnungen sollen zu einer Quadratmetermiete von 8,50 Euro nettokalt angeboten werden.
Der Bezirk Mitte macht keine Anstalten, auch ein Angebot an bezahlbaren Wohnungen durchzusetzen. Wie das ginge, macht der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg vor, der bei der Bebauung einer Industriebrache an der Boxhagener Straße vom Investor verlangt, dass zehn Prozent der Wohnungen für eine Nettokaltmiete von 5,50 Euro pro Quadratmeter vermietet werden. Der Bezirk Mitte hat hingegen beim Neubaugebiet Heidestraße seine Planungshoheit freiwillig an den Senat abgegeben, und in der Bezirksverordnetenversammlung wurden Anträge, die den Investor zu einer sozialen Mischung verpflichten sollten, von der SPD-CDU-Mehrheit abgeschmettert.
Jens Sethmann
MieterMagazin 5/13
Gebaut wird jetzt „en bloc“, nicht kleinteilig: Freifläche an der Lehrter Straße
Foto: Daniel Schaub
06.06.2013