Der Dialog zum Thema Hunde in der Stadt ist beendet. In einem transparenten, bürgernahen und fairen Verfahren haben sich Berliner mit und Berliner ohne Hund auf Verhaltensregeln verständigt. Die sollen auch einer Novellierung des Berliner Hundegesetzes zugrunde liegen. Dieses könnte im Herbst eine generelle Leinenpflicht einführen und einen Hundeführerschein zur Pflicht machen. Wird aber weiterhin so gut wie nicht kontrolliert, warnen Kritiker, bleibe alles beim Alten.
Berliner Hunde sind die bei Weitem am besten erzogenen in Deutschland, meint „Hundehalter71“. Umgehend kommt der Widerspruch von Dirk aus der Charlottenburger Schillerstraße: „Auf der Baumscheibe vor unserem Haus liegen manchmal zehn Hundehaufen.“ Fast 700 Bürgerinnen und Bürger hatten sich auf der Internetseite der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz innerhalb eines Vierteljahres zu Wort gemeldet, um wenigstens virtuell mit am Tisch zu sitzen, wenn es um Probleme ging, die nahezu alle in dieser Stadt sehr direkt betreffen: Um Hundekot und Steuermarken, um Leinenzwang und genügend große Auslaufplätze beispielsweise.
„Ich finde es ermutigend, dass es gelungen ist, Menschen in einen Diskurs zu bringen, die sich bis dahin mit ganz festgefahrenen Standpunkten begegnet sind“, fasst Dialogteilnehmer Thomas Koch die fünf Sondierungsrunden zusammen, die auf Initiative des Justiz- und Verbraucherschutzsenators Thomas Heilmann (CDU) von Oktober 2012 bis zum Februar diesen Jahres stattfanden.
In verschiedenen Arbeitsgruppen hatten 30 Bürgerinnen und Bürger – Hundehalter und Hundegegner, aber auch Tierärzte und Vertreter von Institutionen wie der Stadtreinigung – miteinander um Positionen gerungen. Moderierte Gesprächsrunden, größtmögliche Fairness und nur Empfehlungen an den Senat, die von allen akzeptiert werden – so lauteten die Prämissen des Dialogs.
Verbindliche Regeln per Gesetz
Im kommenden Herbst soll mit den Vorschlägen aus dem Treffen ein überarbeitetes Hundegesetz verbindliche Regeln festlegen. Dann könnte es einen generellen Leinenzwang für Hunde in Berlin geben. Außerdem sollen Hundehalter eine theoretische und praktische Sachkundeprüfung ablegen – den „Hundeführerschein“. Wer per Plakette nachweist, dass er den hat, kann sein Tier dann auch mal in speziell ausgewiesenen Stadtgebieten von der Leine lassen.
„Dass die Diskussion ergebnisoffen und transparent geführt wurde, ist das Besondere“, meint Thomas Koch, der für den Berliner Mieterverein tätig ist, „aber ich wünsche mir auch, dass das Verfahren ernstgenommen und die Vorschläge vom Senat umgesetzt werden.“
Auch Christof Wüllner vom Projekt „Stadt & Hund“, das zum Bello-Dialog nicht eingeladen worden war, hält ein derart bürgernahes Verfahren grundsätzlich für gut und richtig. Er übt aber auch Kritik: „Ich sehe keinen Lösungswillen bei den politisch Verantwortlichen.“ Wer soll denn auch den Leinenzwang und später die abgelegte Sachkundeprüfung kontrollieren? In den Berliner Bezirken seien kaum Ordnungskräfte unterwegs, die Verstöße der Hundebesitzer gegen geltendes Recht ahnden würden. Zum Problem des Hundekots, so der Stadtplaner, der sich mit Stadt & Hund seit vielen Jahren um Lösungen bemüht, habe das Treffen nichts gebracht.
Allein durch Kontrollen, so entgegnet Thomas Koch, sei das auch nicht zu schaffen. „Man muss viel mehr auf Eigenverantwortung und Selbstkontrolle setzen. Allerdings müssen auch Staat und Gesellschaft mit dem Gesetz klar stellen, was sie von Hundehaltern erwarten.“ Christof Wüllner hält dagegen: „Meiner Meinung nach müssen nur die vorhandenen Gesetze konsequent durchgesetzt werden. Wir haben kein Regelungsdefizit – wir haben ein Vollzugsdefizit.“
Rosemarie Mieder
MieterMagazin 5/13
… üben für den Hundeführerschein
Foto: Sabine Münch
Weitere Informationen:
www.berlin.de/sen/
verbraucherschutz/tierschutz/
gefahrenabwehr/hundegesetz/
Rat und Tat
Der Hundeführerschein
Der Hundeführerschein wird von dazu befähigten Tierärzten, Tierverhaltenstherapeuten und Hundeausbildern abgenommen. Eine bundeseinheitliche Regelung gibt es allerdings nicht. Während in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern noch über einen solchen Führerschein beraten wird, sollen in Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein ab diesem Jahr alle eine Prüfung ablegen, die sich zum ersten Mal einen Hund anschaffen. In Bremen kann bei Verdacht auf Unkenntnis in Sachen Hundehaltung oder beim Halten gefährlicher Hunde ein Sachkundenachweis von der Polizei verlangt werden. Rheinland-Pfalz plant einen freiwilligen Tierführerschein, der dann nicht nur für Hunde gelten soll.
rm
10.10.2024