Seit der Änderung der Trinkwasserverordnung im Jahr 2012 müssen Trinkwasserinstallationen in Mehrfamilienhäusern mit zentraler Warmwasserversorgung alle drei Jahre überprüft werden. Erste Ergebnisse zeigen: Die Prüfungen sind berechtigt, der Legionellenwert wird in einigen Fällen überschritten.
Noch im Dezember 2012 hatte die Wohnungsbaugesellschaft Gewobag verkündet: „Bei den durchgeführten Untersuchungen wurde in unseren Warmwasseranlagen keine Legionellenbelastung festgestellt.“ Im Februar 2014 erfuhren dann 70 Schöneberger Mieter, die von der Heizzentrale Nollendorfstraße 7 mit Warmwasser versorgt werden, per Aushang: „Bei Messungen in Ihrem Haus wurde der zulässige Grenzwert für Legionellen im Wasser überschritten.“ Die Anlage wurde hochgeheizt und thermisch gespült – eine im Grunde einfache Methode, den Mikroben den Garaus zu machen. Die danach entnommenen Proben wiesen keine Kontaminationen mehr auf. Dr. Gabriele Mittag, Sprecherin der Gewobag: „Wir haben zusätzlich eine Gefährdungsanalyse beauftragt, aus der in der Regel noch Empfehlungen für eine weitergehende, umfangreichere Probenahme resultieren.“ Auch andere Wohnungsbaugesellschaften und private Vermieter in Steglitz, Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte berichten von Legionellenbefall.
Grenzwertüberschreitungen müssen an die kommunalen Gesundheitsämter gemeldet werden. Einen Überblick über deren Anzahl haben jedoch weder die Gesundheitsministerien der Länder noch das Bundesgesundheitsministerium. So sieht sich auch die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales außerstande, Zahlen für Berlin zu nennen. Regina Kneiding, stellvertretende Pressesprecherin der Behörde, verweist darauf, dass dafür die Bezirksämter zuständig seien. Die verfügen jedoch ebenfalls über keinerlei Daten. Auch mit der Kontrolle der Prüfvorschrift sind offenbar alle überfordert – niemand weiß, wie viele Vermieter ihrer Verpflichtung zur Überprüfung der Warmwasseranlagen nachkommen.
Fachleute schätzen die Zahl der Legionellen-Kontaminationen auf bundesweit etwa 9000 Fälle. Von bis zu zwei Prozent gehe eine akute Gesundheitsgefährdung aus. Bei etwa 15 Prozent aller überprüfungspflichtigen Trinkwasseranlagen bestehe Handlungsbedarf. Das Bundesumweltamt vermutet, dass jährlich rund 3000 Menschen an Lungenentzündungen infolge von Legionellen-Infektionen sterben.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 5/14
Legionellen sind eine Gattung stäbchen-
förmiger Bakterien, die beim Menschen eine Lungenentzündung hervorrufen können
Foto: MieterMagazin-Archiv
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23.02.2022