Nach den Mietrechtsänderungen des vergangenen Jahres (vor allem: Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietung) arbeitet die Regierung am zweiten Teil der Reform. In welche Richtung es gehen soll, dokumentiert der nun vorliegende Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. Er enthält einige Verbesserungen für Mieter, die die Wohnungswirtschaft bereits aufschrecken lassen. Mit Widerständen ist also zu rechnen, und es bleibt abzuwarten, was am Ende tatsächlich Gesetz wird. Wir stellen die wichtigsten Inhalte vor und geben eine erste Einschätzung aus Sicht des Berliner Mietervereins (BMV).
1. Reduktion der Modernisierungsumlage auf 8 Prozent und Einführung einer zusätzlichen Kappung
Nach einer Modernisierung soll der Vermieter die Jahresmiete zukünftig um 8 Prozent der Modernisierungskosten erhöhen dürfen. Insgesamt soll sich die Miete durch Modernisierung in acht Jahren um nicht mehr als 3 Euro pro Quadratmeter monatlich erhöhen. Außerdem ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten.
Wie war die Rechtslage bislang?
Bislang konnte der Vermieter 11 Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete aufschlagen, eine weitere Kappungsgrenze für die Modernisierungskosten gab es nicht.
Und das sagt der BMV
Die Reduktion der Modernisierungsumlage auf 8 Prozent stellt keine hinreichende Verbesserung dar. Die Einführung einer Kappung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Besser wäre jedoch die Abschaffung der jetzigen Modernisierungsumlage mit Ersatz durch einen Zuschlag für die erzielte Energieeffizienz im System der ortsüblichen Vergleichsmiete.
2. Definition der finanziellen Härte bei einer Modernisierung
Mieter sollen sich bei einer Mieterhöhung nach Modernisierung auf eine finanzielle Härte berufen können, wenn die neue Miete einschließlich Heizkosten mehr als 40 Prozent des Nettohaushaltseinkommens beträgt. Der Einwand der finanziellen Härte soll auch dann möglich sein, wenn nur ein allgemein üblicher Zustand geschaffen wird.
Wie war die Rechtslage bislang?
Die Voraussetzungen einer finanziellen Härte waren nicht ausdrücklich im Gesetz definiert, sondern wurden im Einzelfall durch die Gerichte entschieden. Mieter konnten sich nicht auf eine finanzielle Härte berufen, wenn durch die Modernisierung nur ein allgemein üblicher Zustand geschaffen wurde.
Und das sagt der BMV
Die Neuregelung ist im Prinzip gut, doch sind 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens für einkommensschwache Haushalte zu viel.
3. Einführung eines vereinfachten Modernisierungsverfahrens
Zukünftig sollen Vermieter Modernisierungsmaßnahmen in einem vereinfachten Verfahren durchführen können, wenn die Kosten der Modernisierungsmaßnahmen für die Wohnung maximal 10.000 Euro betragen. Von den Gesamtkosten werden allerdings pauschal 50 Prozent für erforderliche Instandhaltung abgezogen. Nutzt der Vermieter das vereinfachte Verfahren, kann er innerhalb der nächsten fünf Jahre über die oben genannte Kostengrenze keine Mieterhöhung wegen Modernisierung geltend machen. Im Gegenzug können Mieter keine finanzielle Härte geltend machen, und die Drei-Euro-Kappungsgrenze für die Modernisierungskosten findet keine Anwendung.
Wie war die Rechtslage bislang?
Ein vereinfachtes Verfahren für Modernisierungsmaßnahmen gab es nicht.
Und das sagt der BMV
Die Kostenrisiken für Mieter werden aufgrund des eingeschränkten Umfangs der umlagefähigen Modernisierungskosten überschaubar sein. Gleichwohl sollte der Einwand der finanziellen Härte weiter möglich sein.
4. Altersgerechter Umbau wird Modernisierung
Der behinderten- und der altersgerechte Umbau soll in den Katalog der Modernisierungsmaßnahmen aufgenommen werden.
Wie war die Rechtslage bislang?
In der Vergangenheit war der behinderten- und altersgerechte Umbau nicht im gesetzlichen Katalog von Modernisierungen enthalten. Ob dieser Umbau eine Gebrauchswerterhöhung darstellt, war umstritten.
Und das sagt der BMV
Es gibt zwar einen zunehmenden Bedarf an alters- und behindertengerechten Wohnungen. Doch viele Mieter haben vom Umbau zur Barrierefreiheit keinen Nutzen. Laut Gesetzesbegründung müssen sie die Maßnahme dann nicht dulden. Der Gesetzeswortlaut, wonach es sich nur dann um eine Modernisierung handelt, wenn die Wohnung zum altersgerechten Gebrauch bestimmt ist, stellt nicht hinreichend klar, wann die Duldung einer behindertengerechten Modernisierung verweigert werden kann.
5. In den Mietspiegel werden Mietänderungen und Vereinbarungen der letzten acht Jahre einbezogen
Für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete werden zukünftig Mieten berücksichtigt, die in den letzten acht Jahren verändert beziehungsweise vereinbart wurden.
Wie war die Rechtslage bislang?
Bislang betrug der Bezugszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete vier Jahre.
Und das sagt der BMV
Durch die Ausweitung des Bezugszeitraumes auf acht Jahre finden auch ältere und damit niedrigere Mieten Eingang in die Datenerhebung zur Erstellung von Mietspiegeln, was einen dämpfenden Effekt auf die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete haben dürfte.
6. Konkretisierung der Anforderungen und Einführung einer Vermutungswirkung beim Mietspiegel
Ein qualifizierter Mietspiegel soll voraussetzen, dass zur Erstellung wissenschaftliche Erkenntnisse verwendet, sachgerechte Methoden und Informationstechniken eingesetzt und soziale und örtliche Gegebenheiten berücksichtigt worden sind und er von der zuständigen Behörde oder von Interessenvertretern der Vermieter und Mietern anerkannt worden ist. Außerdem wird zukünftig das Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels vermutet, wenn sowohl die zuständige Behörde als auch die Interessenvertreter der Vermieter und Mieter den Mietspiegel als qualifizierten anerkannt haben.
Wie war die Rechtslage bislang?
Ein qualifizierter Mietspiegel setzte bislang voraus, dass er nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder den Interessenvertretern der Vermieter und Mieter anerkannt worden ist. Waren diese Voraussetzungen erfüllt, bestand die Vermutungswirkung für einen qualifizierten Mietspiegel. Eine zusätzliche Vermutungswirkung gab es nicht.
Und das sagt der BMV
Die gut gemeinte Neuregelung könnte nach hinten losgehen. Da, wo Vermieter und Mieter bisher gemeinsam mit der Kommune den Mietspiegel als qualifiziert anerkannt haben wie in Berlin, könnten Vermieter nun diese Anerkennung verweigern, weil ihnen dadurch im Streitfall die Beweislast zufiele, dass der Mietspiegel nicht qualifiziert sei.
7. Auch die ordentliche Kündigung infolge eines Zahlungsverzuges kann geheilt werden
Zukünftig soll der Mieter auch eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs heilen können, indem sämtliche fälligen Zahlungen spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs geleistet werden oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet.
Wie war die Rechtslage bislang?
Bislang konnte durch den Ausgleich der Zahlungsrückstände nur die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs geheilt werden, was dazu führte, dass Vermieter neben der fristlosen hilfsweise auch die ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs ausgesprochen haben.
Und das sagt der BMV
Erst mit dieser Änderung wird die Heilungsmöglichkeit zur Abwendung der Kündigung wieder relevant – ein Vorteil für die Mieter.
8. Zukünftig ist die tatsächliche Wohnfläche maßgeblich
Bei Betriebskostenabrechnungen und Mieterhöhungen soll zukünftig die tatsächliche Wohnfläche maßgeblich sein und nicht die gegebenenfalls abweichende Wohnfläche im Mietvertrag.
Wie war die Rechtslage bislang?
Maßgeblich war die im Mietvertrag vereinbarte Wohnfläche, solange die tatsächliche Wohnfläche nicht um mehr als 10 Prozent von der vereinbarten abwich. Allerdings hat mittlerweile auch der Bundesgerichtshof seine Rechtsauffassung geändert und bei Mieterhöhungen die tatsächliche Fläche als maßgeblich erklärt.
Und das sagt der BMV
Es war nie nachvollziehbar, weshalb in Betriebskostenabrechnungen oder bei Mieterhöhung falsche Wohnflächen zugrunde gelegt werden konnten.
9. Mietminderung erst bei einer Wohnflächenabweichung von mehr als 10 Prozent
Ein zur Mietminderung berechtigender Sachmangel liegt vor, wenn die tatsächliche Wohnfläche mehr als 10 Prozent von der im Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche abweicht.
Wie war die Rechtslage bislang?
Ein für die Mietminderung erforderlicher erheblicher Mangel wurde auch bislang erst bei einer Flächenabweichung von mehr als 10 Prozent angenommen. Nun soll diese Regelung im Gesetz verankert werden.
Und das sagt der BMV
Ein Mangel sollte bereits vorliegen, wenn die Abweichung der tatsächlichen von der vereinbarten Miete mehr als 3 Prozent beträgt.
10. Regelung der Wohnflächenberechnung
Haben sich Mieter und Vermieter nicht über ein Berechnungsverfahren zur Wohnfläche geeinigt, soll die Wohnfläche je nach Bezugsfertigkeit des Gebäudes entweder nach der Wohnflächenverordnung oder nach der Zweiten Berechnungsverordnung berechnet werden. Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen sollen zukünftig mit 25 Prozent in der Wohnfläche berücksichtigt werden.
Wie war die Rechtslage bislang?
Die Anrechnung der Flächen für Balkone und Terrassen war nicht geregelt.
Und das sagt der BMV
Die Klarstellung hinsichtlich der anrechenbaren Flächen für Balkone und Terrassen ist zu begrüßen.
ww
25.10.2017