Der sogenannte Sickereffekt, der dafür sorgen soll, dass vom Bau teurer Wohnungen letztlich auch ärmere Mieter profitieren, funktioniert auf angespannten Wohnungsmärkten nicht.
Die Sickereffekt-Theorie besagt, dass auch der Neubau hochpreisiger Wohnungen den Markt für alle entspannt, denn die Leute, die in die neuen Wohnungen ziehen, machen eine etwas günstigere Wohnung frei, in die wiederum Mieter ziehen, die eine preiswertere Wohnung frei machen. So „sickert“ der Effekt bis hinunter in das Marktsegment, das sich jeder leisten kann.
Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat anhand der Umzugsbewegungen in den Städten Bremen, Köln, Leipzig und Nürnberg in den Jahren 2016 und 2017 untersucht, wie weit der Sickereffekt reicht. Eine neu gebaute Wohnung hat – je nach Stadt – nur 2,2 bis 3,2 Umzüge ausgelöst. Die Umzugskette reißt also schon früh ab und die Entspannung kommt „unten“ nicht an. Gründe dafür sind zum einen die vielen Zuzügler von außerhalb, die – ohne selbst eine Wohnung innerhalb der betreffenden Gemeinde freizumachen – mit ihrer Anmietung die „Sickerkette“ unterbrechen. Zum anderen heben Vermieter bei der Wiedervermietung der freigezogenen Wohnungen die Mieten stark an, so dass sie für Mieter mit wenig Geld nicht mehr verfügbar sind.
„In einem angespannten Wohnungsmarkt fallen die Sickereffekte geringer aus als auf weniger angespannten Wohnungsmärkten“, fasst BBSR-Leiter Markus Eltges die Ergebnisse zusammen.
Jens Sethmann
24.04.2021