Die Tricks, mit denen es Wohnungssuchende zu tun haben, werden immer abenteuerlicher. Neueste Masche: Nießbrauch statt Mietvertrag.
Die sonnige Dreizimmerwohnung im „aufgeweckten Reuterkiez“ sei ein Juwel, heißt es in dem Inserat bei Immobilienscout24. Zu beachten sei, dass kein Mietvertrag abgeschlossen wird, sondern ein auf drei Jahre befristeter Nießbrauch-Vertrag, mit Eintrag ins Grundbuch. Statt Miete wird ein Nutzungsentgelt von 1500 Euro kalt pro Monat fällig – rund 20 Euro pro Quadratmeter. Beim Berliner Mieterverein (BMV) war man über dieses Wohnungsangebot verblüfft. Nießbrauch wird häufig dann vereinbart, wenn Eltern ihren Kindern das einmal zu vererbende Haus schon zu ihren Lebzeiten übergeben wollen und sich dann zur Absicherung ihrer weiteren Wohnbedürfnisse ein lebenslanges Nutzungsrecht ins Grundbuch eintragen lassen. Als Ersatz für einen Mietvertrag war der Nießbrauch bislang unbekannt.
Kurze Zeit nach dem Inserat auf dem Immobilien-Portal wurde dem Mieterverein ein weiterer Fall gemeldet. Was hinter dem Konstrukt steckt, ist unklar. Das Unternehmen IBF Immobilienkontor GmbH, das die Neuköllner Wohnung anbot, reagierte nicht auf eine Anfrage. Beim BMV vermutetet man einen Trick zur Umgehung der Mietpreisbremse. Laut Inserat handelt es sich jedoch um Erstbezug nach Sanierung -ist damit eine umfassende Modernisierung gemeint, würde die Bremse nicht greifen. Möglicherweise geht es um eine Befristung, die nach dem Gesetz nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. So war es auch bei einem Fall, in dem das Gericht klar entschieden hat, dass „die vertragliche Vereinbarung eines entgeltlichen und befristeten dinglichen Wohnrechts als Umgehungsgeschäft nichtig“ ist (LG Osnabrück vom 17. August 1994 – 1 S 14/94). Durch die Nießbrauch-Vereinbarung sollen gesetzliche Bestimmungen zum Schutz des Mieters umgangen werden, urteilt das Gericht. Es handele sich bei dem Nutzungsverhältnis objektiv um ein Mietverhältnis.
BMV-Geschäftsführer Sebastian Bartels: „Wir können vor diesem windigen Geschäftsmodell nur warnen.“
Birgit Leiß
26.04.2023