Über eine Million Berliner und Berlinerinnen erfüllen die Voraussetzungen für einen Wohnberechtigungschein (WBS). Doch ihnen stehen viel zu wenig Sozialwohnungen gegenüber. Könnte die Wiedereinführung einer Fehlbelegungsabgabe Abhilfe schaffen?
Im letzten Jahr wurden die Einkommensgrenzen erhöht, bis zu denen man einen Wohnberechtigungsschein in Berlin erhalten kann. Ein Zweipersonenhaushalt darf im Jahr nun maximal 39.600 Euro netto verdienen, um auf eine geförderte Wohnung Anspruch zu haben. Für eine einzelne Person liegt die Grenze bei maximal 26.400 Euro netto. Doch nur 88.000 Wohnungen stehen einem Mehrfachen an Anspruchsberechtigten zur Verfügung. Hinzu kommt, dass immer mehr Wohnungen aus der Sozialbindung fallen.
Auch liegen mittlerweile die Einkommen mancher Mieter:innen in den Sozialwohnungen über den gesetzlichen Einkommensgrenzen. Bis 2002 musste in diesem Fall zusätzlich zur Miete eine Abgabe gezahlt werden. Doch diese wurde abgeschafft, um auch finanziell Bessergestellten einen Anreiz zum Bleiben zu geben und damit die soziale Durchmischung der Quartiere zu fördern.
Nun wird über die Wiedereinführung einer Kontrolle der Einkommensgrenzen und der entsprechenden Abgabe diskutiert – die CDU setzte sich bereits im letzten Jahr dafür ein. Doch es gibt kritische Stimmen. So hält die Abgeordnete Katrin Schmidberger (Bündnis 90/Die Grünen) wenig davon, in schwierigen Zeiten mit hohen Heizkosten und Inflation Mieter:innen noch zusätzlich mit einer Abgabe zu belasten. Und auch die Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins Ulrike Hamann-Onnertz merkt an: „An wen soll diese Abgabe gehen? Und was soll mit dem Geld passieren? Wenn sie der Vermieterseite zugute kommt, ist ja überhaupt nicht sicher, ob davon neue Wohnungen gebaut werden.“ Sie fordert statt einer Abgabe, dass die Quote von Wohnungen bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, die an Menschen mit WBS vermietet werden, von derzeit etwa 60 Prozent auf mindestens 75 Prozent erhöht wird. Der Berliner Senat hält sich zu der Frage bedeckt. Es wurde eine Kommission eingesetzt, die die Problematik prüfen soll. Wann mit Ergebnissen zu rechnen ist, ist offen.
Stefan Klein
28.04.2024