Olympiastadion, Flughafen Tempelhof, Finanzministerium – die Architektur aus der Zeit des Nationalsozialismus ist in Berlin sehr präsent, auch wenn man es nicht immer sofort erkennt.
Längst nicht alle Gebäude aus der Nazi-Zeit sind protzig-monumentale Repräsentationsbauten mit endlosen Fensterreihen, schweren Säulen und einem Reichsadler obendrauf. Im Wohnungsbau, bei Industrie- und Verkehrsbauten sowie bei Kasernen und HJ-Heimen kamen auch traditionelle, heimattümelnde oder sogar moderne Stile zum Ausdruck. Der Kunst- und Bauhistoriker Matthias Donath zeigt in seinem interessanten und reich bebilderten Buch die unvermutete Vielfalt der Architektur jener Jahre. In der Art eines Stadtführers stellt er über 80 Bauwerke aus allen Bezirken vor und beschreibt die Architektur des „Dritten Reichs“, ohne sie zu verharmlosen oder zu dämonisieren. Doch den Satz „Baukunst lässt sich nicht mit moralischen Kriterien bewerten“ hätte das Landesdenkmalamt als Herausgeber dem Autor nicht durchgehen lassen dürfen. Zu deutlich prägten zum Beispiel im Wohnungsbau Planungsideologien wie die „NSDAP-Ortsgruppe als Siedlungszelle“ und die „luftschutzgerechte Stadt“ das Bauen in jenem Regime, das auf Unterdrückung und Krieg basierte.
js
MieterMagazin 6+7/05
Matthias Donath: Architektur in Berlin 1933 bis 1945 – Ein Stadtführer, Lukas Verlag, Berlin 2004, 255 Seiten, 350 Abbildungen, 29,80 Euro, ISBN 3-936872-26-0
27.04.2013