Mit einem absonderlichen Wohnhaus sollen die Paul-Lincke-Höfe in Kreuzberg vollendet werden: Jede Wohnung erhält eine Garage auf der eigenen Etage, die über einen Auto-Aufzug zu erreichen ist. „CarLoft“ nennt sich das Bauvorhaben, das die Vorzüge des Einfamilienhauses mit denen der Stadtwohnung verbinden möchte.
An der Ecke Liegnitzer/Reichenberger Straße sollen auf sechs Stockwerken elf Wohnungen mit bis zu 200 Quadratmetern entstehen. Dazu kommt jeweils ein 50 Quadratmeter großer Etagengarten und vor jeder Wohnungstür eine „CarLoggia“ genannte Garage, die man per Schwerlastaufzug erreicht. An beiden Enden des Hauses gibt es einen solchen „CarLift“. Man fährt mit seinem Auto in die Einfahrt, ein „Transponder“ ermittelt die Zufahrtsberechtigung und der Wagen wird samt Fahrer automatisch in die richtige Etage gehoben. Die „CarLoft-GmbH“ auf ihrer Internetseite: „Die neue Art zu leben. Mitten in der Großstadt, aber wie im eigenen Haus im Grünen.“ Der Berliner Zeitung zufolge soll der Kaufpreis der Wohnungen bei stolzen 2750 Euro pro Quadratmeter liegen. Nähere Details will die CarLoft-GmbH dem MieterMagazin gegenüber nicht preisgeben, bevor die Baugenehmigung erteilt ist. Das Bezirksamt prüft zurzeit den Bauantrag.
Das Konzept hat für den künftigen Bewohner viele Vorteile: Man braucht keinen Parkplatz zu suchen und eventuell von dort weit bis zur Wohnung zu gehen. Man braucht auch keine Angst um den teuren Lack zu haben, den Jugendliche zerkratzen oder blühende Linden mit klebrigem Saft überziehen könnten. Das Auto hat ein eigenes Wohnzimmer mit Aussicht. Der Bewohner muss nicht in einer düsteren Tiefgarage rangieren und dann im Fahrstuhl unangenehme Nachbarn grüßen. Nein, man braucht das Treppenhaus und die Straße überhaupt nicht mehr zu betreten.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Zielgruppe, die ihr Auto als Fetisch begreift und meint, sich vom städtischen Umfeld so sehr abschotten zu müssen, sich nicht doch im Einfamilienhaus auf dem Land besser aufgehoben fühlt. Denn in einigen Punkten ist die Idee nicht konsequent zu Ende gedacht: Wohin mit dem Zweitwagen? Was ist, wenn der Aufzug ausfällt?
Jens Sethmann
MieterMagazin 6+7/05
Eigenes Wohnzimmer für das Auto: „CarLoft“-Projekt in Kreuzberg
Foto: Jens Sethmann
27.04.2013