Ein neues Verfahren der Nutzung regenerativer Energie hat seine erste Prüfung bestens bestanden. Eine Sporthalle bezieht 80 Prozent der Wärme für Heizung und Duschen aus dem Abwasser. Diese Energiequelle könnte in Berlin 700.000 Wohnungen heizen.
Die neu gebaute Sporthalle in der Kreuzberger Baerwaldstraße ist eine umwelttechnische Sensation. Pfiffige Ingenieure, das innovationsfreudige Bezirksamt und der – sich mit dem beabsichtigten Bau eines neuen Braunkohlekraftwerks eher klimafeindlich gebärdende – Energieversorger Vattenfall bauten die erste Heizanlage Berlins, die ihre Wärme aus dem Abwasser bezieht. In den Abwasserkanal wurden Wärmetauscher eingebaut. In ihnen fließt ein eigener Wasserkreislauf, der durch das 12 bis 25 Grad Celsius warme Abwasser erwärmt wird. Eine Wärmepumpe befördert das – natürlich saubere – Wasser in die Heizzentrale der Sporthalle und von dort, auf 65 Grad erhitzt, wird es in das Heizsystem eingespeist.
„In Berlin könnte man ungeheuer viel Wärme aus Abwasser gewinnen“, ist sich Wolfram Stodtmeister, einer der verantwortlichen Ingenieure, sicher. 700.000 Wohnungen könnten beheizt werden, wenn nur die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind: ein breiter Abwasserkanal muss in höchstens 400 Meter Entfernung vom Wohngebiet liegen und die Versorgungseinheit muss 60 bis 100 Wohnungen umfassen. In München hat das Stadtparlament den Oberbürgermeister verpflichtet, die Möglichkeiten der Gewinnung von Energie aus dem Abwassersystem zu überprüfen. Frei nach der Parole „Unter dem Pflaster liegt der Strand“ – hier: die kostbare Energie – werden in der Schweiz seit fast 20 Jahren große Wohneinheiten mit der Wärmerückgewinnung aus Abwasser geheizt. In Berlin haben Wohnungseigentümer die Möglichkeiten dieser Energieressource noch nicht erkannt. Zwar fallen Investitionskosten an, die sich aber in weniger als zehn Jahren amortisiert haben, wie Frank Vettel vom Immobilienservice des Bezirksamts Kreuzberg angibt. Mieter können ihren Vermieter auf die Heizkosten senkende Methode hinweisen. Steht mit der Dämmung der Außenwände auch eine neue Heizungsanlage ins Haus, sollte die Nutzung von Abwasserwärme geprüft werden.
Clara Luckmann
MieterMagazin 6/07
Unter dem Pflaster liegt der Strand:
Aus Abwasser lässt sich Wärme zurückgewinnen
Foto: Christian Muhrbeck
17.07.2013