Zahlen Mieter überhöhte Preise für das Ablesen ihres Wasser- und Heizungsverbrauchs? Ein vertrauliches Papier des Wärmemessunternehmens Ista, das für kaufinteressierte Finanzinvestoren bestimmt war und der Financial Times Deutschland (FTD) vorliegt, legt das nahe. Demnach nutzt die Ista bewusst ihre starke Marktposition, um überhöhte Gebühren zu kassieren.
Der deutsche Markt habe sich „in eine oligopolistische Struktur entwickelt“, zitiert die Zeitung aus dem internen Papier. Die Ista wirbt gegenüber Kaufinteressenten damit, dass dadurch Gewinnmargen von bis zu 40 Prozent möglich seien. Im Klartext heißt das: Wenige große Unternehmen beherrschen den Markt – und die Preise. Leidtragende sind die Mieter, denn die Vermieter schließen die Verträge mit den Firmen und können die gesamten Kosten mit der Heizkostenabrechnung an die Mieter weitergeben. „Private Vermieter haben bei der Auswahl ihres Anbieters häufig keine große Auswahl und müssen deshalb auch den angebotenen Preis akzeptieren“, erklärt Haus & Grund-Ex-Präsident Rüdiger Dorn. In dem Ista-Papier ist wiederum die Rede von einer „relativ niedrigen Preissensibilität unter Immobilienverwaltern“.
Fehlende Transparenz
Die schwache Position der Mieter wird bewusst einkalkuliert: „Die große Zahl der Kleinkunden steigert noch die beobachtete Preisstabilität im Ablesemarkt, denn die Berechnung für diese Kunden ist weit weniger transparent und sie haben weniger Verhandlungsmacht als große Profikunden“, zitiert die FTD. Die Ista selbst wollte auf Anfrage des MieterMagazin keinen Kommentar zu dem Papier abgeben.
Der Deutsche Mieterbund (DMB) sieht sich bestätigt: „Für uns kommt diese Beschreibung einer kundenfeindlichen Marktstruktur nicht überraschend. Wer sich die Preise der Wärmemessdienstunternehmen, deren Produktentwicklung zu immer teureren Erfassungssystemen und die Abrechnungsverfahren ansieht, hatte diesen Verdacht schon längst“, meint DMB-Direktor Dr. Franz-Georg Rips.
Mit in die Kritik geraten ist die Ablesefirma Techem. Der Marktführer möchte zu den Vorwürfen gegenüber Ista keine Stellung beziehen. Techem-Sprecher Stefan Lutz betont jedoch: „Wir zocken keinen ab. Unsere Gewinnmargen sind mit rund 20 Prozentvor und 11 Prozent nach Steuern überschaubar.“ Die Kosten für das Ablesen und Abrechnen der Wärmekosten lägen zudem aufs Jahr gerechnet zwischen 30 und 50 Euro pro Wohneinheit. „Das sind keine Beträge, mit denen man Mieter in den Ruin treibt.“ Laut Arbeitsgemeinschaft Heiz- und Wasserkostenverteilung e.V. gibt es in Deutschland rund 150 Wärmemessdienstunternehmen. Von oligopolistischen Strukturen könne ihrer Ansicht nach also gar keine Rede sein. Doch kommt die Firma Ista nach eigenen Angaben auf einen Marktanteil von 25 Prozent. Sie liegt damit knapp hinter der Firma Techem, die 29 Prozent Marktanteil hat. Gemeinsam beherrschen die beiden also mehr als die Hälfte des deutschen Marktes für die Wärmeerfassung.
Zwar sieht der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) die Marktsituation in der Hauptstadt entspannter: „In Berlin gibt es mit Ista, Techem, Minol und Kalorimeta vier große und eine Reihe kleinerer Anbieter für Ablesedienstleistungen“, so BBU-Sprecher David Eberhart. Für Stefan Bentrop, Referent für Bauen und Wohnen beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), liegt das Problem jedoch nicht in der Zahl der Anbieter: „Es ist hauptsächlich eine Frage der fehlenden Marktübersicht, der fehlenden Vergleiche, der fehlenden Transparenz.“ Trotz anderer Wettbewerber sei die Anzahl der Wechsler – ebenso wie beim Strommarkt – relativ gering. „Für Vermieter besteht doch gar kein Anreiz dazu.“
Kristina Simons
MieterMagazin 6/07
Nutzen die Heizkostenabrechnungsfirmen ihre Marktmacht, um überhöhte Preise zu kassieren?
Foto: techem
Kostenvergleich fehlt
Ob die Preise für das Ablesen und Abrechnen des Strom- und Wasserverbrauchs tatsächlich überhöht sind, ist schwer festzustellen. „Ein Vergleich der Ablesekosten im Verlauf der letzten Jahre ist kaum möglich, da sich die einzelnen Produkte sehr unterschiedlich entwickelt haben“, so der Sprecher des Deutschen Mieterbundes, Ulrich Ropertz. Der Verbraucherzentrale Bundesverband wird die Entwicklung der Kosten nun erstmals zusammentragen. Das ist jedoch aufwändig und braucht Zeit. Laut Heizkostenverordnung soll der Anteil der Ablesekosten an den Gesamtwärmekosten nicht höher als 15 Prozent liegen. Die Verordnung wurde Anfang der 80er Jahre eingeführt, um durch einen individuell feststellbaren Verbrauch einen sparsamen Umgang mit Energie zu fördern.
ks
17.07.2013