Über terrestrisches Digitalfernsehen können Berliner etwa 30 Kanäle empfangen – und das in der Regel deutlich günstiger als via Kabel. Wer über seinen Vermieter an einen Kabelvertrag gebunden ist, kommt allerdings nicht so einfach aus dieser Vereinbarung heraus.
Niemand gibt gern unnötig Geld aus: „Aber aufgrund meines Mietvertrages komme ich nicht drumherum“, stellte Horst Palmer fest. Dieser besagt, dass allen Mietern Kabelfernsehen zur Verfügung gestellt wird. Der Vertrag mit dem Anbieter „Kabel Deutschland“ verursacht Kosten, die auf alle zehn Mietparteien umgelegt werden. Rund zehn Euro kommen daher zur Miete samt Nebenkosten jeweils hinzu. Dabei gäbe es eine Alternative, die günstiger wäre: „Wenn ich meinen Fernseher mit einem Digitalreceiver ausstatten würde, könnte ich etwa 30 Programme sehen – sogar Kanäle, die ich derzeit nicht empfangen kann.“ Laufende Kosten gäbe es dann keine. Receiver, die bei älteren Geräten benötigt werden, sind im Einzelhandel bereits für unter 100 Euro erhältlich. Die Anschaffungskosten hätten sich für Palmer schnell amortisiert. Doch so einfach kommt er aus dem Kabelvertrag nicht heraus.
Rückkanalfähiges Kabel ist Wertverbesserung
Die Frage, ob Mieter sich auch gegen ihren Willen an einer Gesamtverkabelung des Hauses beteiligen und dafür auch zahlen müssen, hat in der Vergangenheit zu vielen Meinungsverschiedenheiten geführt. Häufig bestanden Vermieter bei einem Neuanschluss darauf, dass alle Wohnungen angeschlossen wurden und alle Mieter im Wege einer Kostenbeteiligung anteilig zu zahlen hatten. „Als Begründung für einen Anschlusszwang wurde angeführt, das Kabelfernsehen sei aufgrund des größeren Programmangebots eine Modernisierung“, erläutert Frank Maciejewski, Rechtsexperte des Berliner Mietervereins. Inzwischen, wo auch über das in Berlin zu empfangende terrestrische Digitalfernsehen (DVB-T) rund 30 Programme verfügbar sind, muss es sich bei einem Kabelanschluss um ein „rückkanalfähiges Breitbandkabelnetz“ handeln, um als Modernisierung anerkannt zu werden. Die Rückkanalfähigkeit erlaubt zusätzliche analoge und digitale Programme und auch eigene Dienste wie einen Internetzugang oder Video-on-Demand. Unabhängig davon, ob der im Moment dort wohnende Mieter dies wünscht oder nicht und ob er überhaupt einen eigenen Fernseher hat, muss er den Einbau solch einer Anlage dulden und die Umlage bezahlen. Im Umkehrschluss bedeutet dies laut Amtsgericht Tempelhof/Kreuzberg aber auch, dass der Einbau eines Breitbandkabels ohne Rückkanalfähigkeit nicht mehr eine Wertverbesserung ist, die auf die Mieter umgelegt werden kann (Urteil vom 6. April 2004 – 12 C 444/03 -).
Wer wie Palmer in eine Wohnung einzieht, die bereits verkabelt ist, muss sich allerdings in jedem Fall nach den Regelungen im Mietvertrag richten. Ob es sich bei einer bereits bestehenden Anlage um eine Wertverbesserung gegenüber DVB-T-Empfang handelt, ist nicht von Belang. Die laufenden monatlichen Kosten und die Kosten für das Kabelnetz im Haus (Betriebsstrom und Wartung) sind als Betriebskosten umlagefähig, wenn das so im Vertrag steht. Lediglich Anschluss- oder Montagekosten können nicht mehr verlangt werden, da sie bereits vor Mietvertragsabschluss angefallen sind.
Palmer ist dennoch guter Dinge: „Ich habe meinen Vermieter darauf angesprochen, dass das Preis-Leistungsverhältnis des Kabelvertrags für unser Haus nicht gut ist.“ Nun soll einvernehmlich mit allen Beteiligten sondiert werden, ob sich eine bessere Lösung anbietet.
Lars Klaaßen
Die technischen Alternativen
DVB-T ist die Abkürzung für den englischen Begriff Digital Video Broadcasting Terrestrial und bezeichnet die terrestrische (= erdgebundene) Verbreitung digitaler Fernsehsignale in der Atmosphäre. Ältere TV-Geräte, die früher über Haus- oder Zimmerantenne empfangen haben, benötigen heute dafür einen gesonderten digitalen Receiver. Auch neuere Computer können mit Hilfe eines Receivers DVB-T empfangen.
Kabelfernsehen hat über die einmaligen Anschlusskosten hinaus auch monatliche Kosten zur Folge, die pro Wohnung gezahlt werden müssen. Diese sind sehr unterschiedlich.
Satelliten-Empfang hat keine laufenden Kosten zur Folge, doch dafür ist der Kauf einer Parabolantenne Voraussetzung.
Internet-TV setzt einen leistungsfähigen Computer und eine schnelle Internetverbindung für große Datenmengen voraus. Einige Internetdienstanbieter (unter anderem die Telekom und Alice) haben Rechte zur Ausstrahlung von Fernsehinhalten verschiedener Sender erworben. Die unterschiedlichen Angebotspaletten werden meist gegen Gebühr, zum Teil aber auch kostenlos angeboten. Ein technisches Problem: Bislang garantiert kein Internet-Provider einen permanent stabilen Datenfluss in der benötigten Größe.
Fernseh- und Rundfunkgebühren an die GEZ muss jeder Teilnehmer zahlen, egal auf welchem Weg er sein TV-Programm empfängt.
MieterMagazin 6/08
Auf welchem Wege das Fernsehprogramm empfangen wird, ist nicht nur eine Kosten-, sondern auch eineV ertragsfrage
Foto: Christian Muhrbeck
09.06.2018